Áchet'há-is

Inquisitionsrätin von Djunizes

Áchet'há-is ist eine hochgewachsene Frau, deren Alter man nur sehr schwer schätzen kann. Allein die wenigen weißen Strähnen in ihrem schulterlangen, dunkelbraunem Haar verraten, dass sie den Zenith ihrer Jahre bereits überschritten haben muss. Doch noch hat ihr, von den langen Jahren des Krieges und Entbehrungen gehärteter Körper, nichts von seiner Kraft verloren. Ihre gesamte Erscheinung ist beeindruckend und furchteinflößend zugleich. Genau wie man bei einem vertrockneten Blatt das feine Gerüst erkennen kann, welches es so lange zusammen gehalten hat, ebenso hat man bei Áchet'ha-is den Eindruck, das die äußere, schöne Fassade immer dünner wird und das Stahlgerüst, das seit langem darunter verborgen lag, zum Vorschein kommt.
Das hervorstechendste Merkmal sind ihre großen, hellblauen Augen, die ihr Gegenüber gewöhnlich mit einem stechenden Blick zu durchbohren scheinen. Man sagt, dass es noch niemand geschafft hat ihrem Blick standzuhalten und sie anzulügen. Ihr schmales, blasses Gesicht mit den hohen Wangenknochen und dem zart geschwungenen, kleinen Mund verleiht ihr ein fast mystisches, untotes Aussehen, welches von ihrer traditionellen stets dunklen Bekleidung noch unterstrichen wird. Auftreten und Verhalten runden das Gesamtbild ab. Sie gilt im allgemeinen als tief gläubig, selbstsicher, stolz, kühl, unnahbar und erzkonservativ, jedoch nicht als erbarmungslos. Man bezeichnet sie in ihren Kreisen als gerecht und rechtschaffend. Jedoch ist sie der Ansicht, dass nur der Boronglaube allein zur wahrhaften Erlösung des Menschen führt. Das im Káhet Irrlehren akzeptiert und geduldet werden, ist vollkommen gegen ihre Überzeugung. Sie würde es gerne sehen, wenn diese, ebenso wie die als ketzerisch angesehenen Lehren, ein Verbot erführen und diese auszumerzen, zur obersten Priorität der Inquisition werden würde. Warum sie einer solch radikalen Vorstellung anhängt wird vielleicht klarer, wenn man einen Blick auf ihre Lebensgeschichte wirft.


Ursprünglich stammt Áchet'há-is aus dem Norden des Káhet, genauer gesagt aus der Stadt Andju in der kem'schen Exklave Irakema. Sie lebte dort mit ihren Eltern und drei älteren Geschwistern, bis zu jenem Tag, an dem ihre Eltern der Ketzerei angeklagt und zum Tode verurteilt wurden. Man verschonte damals die Kinder, da sie erst im Alter zwischen vier und sieben Jahren waren und noch nicht verstanden was vor sich ging. Jedoch zwang man sie mit anzusehen, wie ihre Eltern zum Wohle ihrer eigenen Seelen verbrannt wurden. Danach schickte der damalige inquisitorische Rat jedes Kind in ein anderes Kloster zur religiösen Umerziehung. Áchet'há-is sah ihre Geschwister seither nie wieder. Auf die Fragen der damals vierjährigen nach ihren Eltern erklärte man ihr fortwährend, dass sie eine schwere Sünde begangen hätten und das es nötig war ihr Leben auf diese Weise zu beenden, so dass sie im Jenseits nicht all zu lange für ihren Frevel werden leiden müssen. Zu jener Zeit legte sie aus Angst und Scham ihren Familiennamen ab. Heute ist er in Vergessenheit geraten und niemand, nicht einmal sie selbst erinnert sich noch an ihn.


Die Maßnahme einer intensiven, korrekten, religiösen Erziehung fruchtete sehr stark. Im Alter von zwölf Jahren begann sie bereits ihre Ausbildung zur Priesterin und mit sechzehn erfüllte sie alle körperlichen und geistigen Voraussetzungen für die Aufnahme in den Laguana-Orden. Im Dienste Borons focht sie auf vielen Schlachtfeldern und von einem kam sie mit einem Kind zurück. Man bezweifelt, dass es ihr eigenes war, aber man erlaubte ihr, den Säugling wie einen Sohn aufzuziehen. Abet'amûn, der Wunsch Borons, wie sie ihn nannte, ist heute Anfang zwanzig und dient ebenfalls dem Orden.
Áchet'há-is Linientreue, Verstand und Aufopferung für die heilige Sache, fanden als bald Anerkennung und sie stieg schnell in der Rangordnung des Ordens auf, bis man sie schließlich in den Posten der inquisitorischen Rätin zu Djunizes berief.