Boronfried Ná'skaret Kátor II. Sá’kurat d.J

Oberhaupt der Familie Sá'kurat

Die einstmals große und einflußreiche Familie Sá'kurat zählt heute neben dem uralten Patriarchen Boronfried nur noch dessen Enkelin Caja Sá'kurat. Die Stammlande der Familie liegen ursprünglich auf den fernen Waldinselkolonien, doch im Zuge des von Hohepriester Alrigio Mezkarai angerichteten Boronstagmassaker gegen die "Verschwörer" um den damaligen Großinquisitor Boronfried und der darauf folgenden jahrzehntelangen Blutfehde gingen alle diese Ansprüche und Besitztümer verloren. Heute sehen die Sá'kurat Terkum als ihr Stammland an, nicht überraschend, wenn man bedenkt, daß die überlebenden von Alrigios Verfolgungswahn sich dort sammelten und als "Corvikanerbund" den Kampf gegen den als Kollaboratuer verhassten Hohepriester und seine Familie aufnahmen. Inzwischen ist Caja Sá'kurat mit Mehib Kâl'Tân Ni Neu-Prêm verheiratet und wahrt somit durch die Geburt zweier Kinder nicht nur die Blutlinie der Sá'kurat, sondern erlangt so wieder Einfluß in den ehemaligen Stammlanden.

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Der im Jahre 70 v. S. G. geborene Boronfried ist als geistliches Oberhaupt der extrem-fundamentalistischen Corvikaner und persönlicher Beichtvater der Heiligen Eminenz aufgrund seines immer noch wachen Geistes einer der einflußreichsten Geweihten der Alleinseligmachenden Heiligen Borons- und Staatskirche.
Der dem erzkonservativ-dogmatischen Flügel des Ordens des Hl. Laguan zugeordnete Greis wurde als einziges Kind seiner Eltern Caja und Boronfried Sá’kurat in den heiligen Hallen zu Laguana geboren, in einer Zeit, in der das Kemi-Reich unter dem Joch der brabaker Besatzung litt. Der damals schwache und nahezu einflußlose Orden des Hl. Laguan wurde von Seiner Eminenz Alrigio Mezkarai kommandiert, dessen doch allzu entgegenkommende Politik den Brabakern und später den Garethern gegenüber zwar den Orden am Leben erhielt, doch der Heiligen Gemeinschaft Ehre und Selbstachtung dermaßen verriet, daß sich unter der Führung des jungen Boronfried eine Opposition gegen den Hohepriester zusammenfand. Im Jahre 51 v. S.G. trat Boronfried der Hl. Inquisition der Alleinseligmachenden Borons- und Staatskirche bei und nutzte seinen brennenden Ehrgeiz und seine charismatische Ausstrahlung derart geschickt, daß er fünf Jahre später zum Grand-Inquisitorius ernannt wurde. Dieses Amt bedeutete zwar im Alltag des besetzten Kemi-Reichs kaum etwas, stärkte jedoch seine Position im Orden derart, daß er allmählich für den Erhabenen Vater Alrigio immer gefährlicher wurde.
So kam es im Jahre 34 v. S.G. zum sogenannten Boronstag-Massaker, bei dem alle offenen und vermuteten Gegnerinnen und Gegner Seiner Eminenz von mezkaraitreuen Schergen niedergemacht wurden, einzig der junge Boronfried und eine Handvoll Getreuer, hauptsächlich Angehörige der Sippen der Tem'kat und Chesaî’ret, konnten entkommen und sich in den Wäldern Tárethons verbergen. Unbeeinflußt von den schwachen und interesselosen garether Gouverneurinnen und Gouverneuren, begann die Gruppe, die sich nun nach einem kem’schen Heiligen ‘Corvikaner’ nannte, den Untergrundkampf gegen die ‘Besatzungspfaffen’ zu Laguana, und dies recht erfolgreich. So verstarb Seine Eminenz Alrigio nur ein Jahr nach dem Massaker den Gifttod, und zahlreiche seiner Vertrauten folgten ihm bald vor Rethon. Während die Pâestumais in der Folgezeit erfolgreich das Arrangement mit der Staatskirche suchten und fanden, führte Boronfried, der bis auf eine Tochter seine ganze Familie verloren hatte, seine Getreuen auch weiterhin gegen die Besatzungssöldlinge und die Führung der Boronskriche in den Kampf, und erst Ihrer Eminenz, Boronya von Nedjhit, gelang es, die Corvikaner zu befrieden, indem sie die Exkommunizierten wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufnahm, den verstorbenen Alrigio Mezkarai zum Ketzer und das Boronstag-Massaker für Unrecht erklärte. Boronfried faßte bald Zutrauen zu der Geweihten aus Al’Anfa, die seiner Überzeugung nach 'ein Geschenk des Herrn für dieses Reich' ist, und dient ihr seitdem loyal und treu, auch wenn er seine aufbrausende Art und seine Neigung zu schnellem, unabgesprochenen Handeln nie abgelegt hat. Belohnt wurde diese Treue durch zwei wichtige Ämter, die Boronfried mit Hilfe der Eminenz und der ihm ergebenen fundamentalistischen Kirchenfraktion übernehmen konnte. Zum einen ist er der Sprecher der Hl. Kurie und zum anderen der Ausbilder für adelige Novizinnen und Novizen, ein Amt, das er auf lange Sicht hin zugunsten der fundamentalistischen Kräfte in der Kirche - wie am Beispiel des ehemaligen Nesets von Grauenberg zu Terkum ersichtlich - zu nutzen versteht. Trotz seines Alters ist Boronfried sowohl körperlich als auch geistig noch von beachtenswerter Konstitution. Seine radikalen Ansichten betreffen nicht nur die borongefällige Askese als Lebenszweck, sondern auch die Verachtung aller Ungläubigen, womit nicht nur die 'Wilden' in den Wäldern gemeint sind, sondern auch alle Kemi, die den sogenannten 'Irrlehren' anhängen. Boronfried wird nie anders als in seiner schwarzen Kutte gesehen, und wie bei der Befreiung Ujaks bewiesen, vermag er seinen Rabenschnabel immer noch mit der Kraft des Heiligen Zorns zu führen. Sein größter Stolz ist seine Urenkelin Caja, die er trotz ihrer eher pragmatischen Haltung nahezu vergöttert, und deren glänzende Karriere im Orden dem alten Zornbold doch die Freudentränen auf die faltigen Wangen treibt.

 

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Trotz allerlei Unbilden in Démyúnem, die Grenze zu Brabak schien nun wieder ruhig, die raubenden Söldlinge waren vertrieben, konnte sich der Neset Ni Terkum noch rechtzeitig auf seinen Rückweg nach Lofran machen, gefolgt von einigen Ordenskriegerinnen sowie einen Trupp Söldlingen aus Fort Westerheim, und auch Leute der Dschungelpatrouille, so wie er es sich vor einigen Wochen erhofft hatte.
Angeschlossen an diese durchaus wehrhafte Gruppe hatten sich einige weitere Personen. So reisten aus Démyúnem Akîb Maraladil nebst der Borongeweihten Miéna Tyk, eine ältere Frau, wohl um die siebzig Götterläufe zählend, und Leleque Dalgada, eine wackere, schweigsame Ordenskriegerin des Tempels zu Débar'Shel mit zur Schreinweihe, natürlich war auch der Medikus Kancor Grimwieg mit dabei. Beide hatten den Neset auf dessen Zug nach Démyúnem begleitet, und bei den Kämpfen sich um die Verletzten gekümmert. Für beide war es nach den vergangenen Erlebnissen auch wichtig, an der Schreinweihe teilzunehmen, hatten sie sich dies doch fest vorgenommen. Mit an der Spitze der Gruppe befanden sich zudem eine jüngere, schlanke Frau, Cajetana ya Ravendoza, Leutnant in der schwarzen Armee, und Offizierin der Dschungelpatrouille, die sich während der Geschehnisse in Démyúnem mehrmals bewiesen hatte, sowie der Diener des Herrn Boron T´Kem Anub Sûc´tai´ram Pah´Chthon, ein Angehöriger aus einer alten kem'schen Familie, die seit vielen hundert Götterläufen in Terkum beheimatet war.

 

Der Weg selbst zunächst durch Démyúnem, danach durch das Gebiet von Dju`imen verlief ohne besondere Vorkommnisse, noch gab es Verzögerungen durch die teilweise nicht sonderlich gute Straße. Ein berittener Bote wurde ausgeschickt, um einen Bericht in Djáset beim Oberkommando abzugeben, der gute Mann hatte nun einen längeren Weg vor sich. Bald schon hatten die Leute Chereteru erreicht, um dort nochmals für kurze Zeit Quartier über Nacht zu finden. Der Neset wollte morgens gleich weiterreisen, um keine unnötige Zeit zu verschwenden. Am Abend gab es eine überraschende Begegnung hier im Ort, traf doch der erhabene Abt, Boronfried Sá'kurat d.J, ebenfalls hier in der Siedlung ein.
Allein zu Fuß war der alte, fast 100 Götterläufe zählende Mann den weiten Weg vom Kloster Ujak hinaufgeschritten, hatte in seinem Lieblingsdorf Nedjes eine flammende Predigt gegen den Unglauben, die Dekadenz und den Verfall der kem'schen Gesellschaft gehalten, ehe er entschlossen weitergezogen war. Während des Marsches war der Zorn des alten ehemaligen Großinquisitors auf die terkumer Zustände und seinen schandbaren ehemaligen Novizen - den Neset - angewachsen - wie weit hatte sich dieser ehemalige Hort des reinen Glaubens von seiner strahlenden Geschichte entfernt! Aber bisweilen hatte sich das faltige Gesicht doch zu einem Lächeln verzogen, denn durch das dreiste Vorpreschen der ordoreer Schlächter war es seiner jungen Ordensschwester Dhana Chesaî'ret und ihm nun möglich, tatkräftig in Terkum wieder den Weg zurück zu den alten Traditionen einzuschlagen - und keine Macht der Welt würde ihn davon abhalten!
In Chereteru angekommen, verbrachte der Greis die Nacht betend am Boronschrein, ehe er die Würdenträger Terkums bei Sonnenaufgang vor sich antreten ließ. Die dürre, hagere Gestalt immer noch straff, verfügte er nach dem kurzen Gebet mit blitzenden, schwarzen Augen und kraftvoller Stimme: "Im Namen Borons, des gütigen Herrn, den wir tagein, tagaus mit unserer Sündhaftigkeit beleidigen, ist es an der Zeit, daß nun endlich auch ihr Bußfertigkeit zeigt, auch wenn selbst ewige Demut einige von euch wahrlich nicht mehr vor dem Feuer der ewigen Verdammnis bewahren wird. So sei dem Zug nach Lofran befohlen, die Wegstrecke in diesen lästerlichen Sündenpfuhl unter fortwährender Geißelung zurückzulegen."