Die Familie Ni Náareb

Über eine alteingesessene Familie aus West-Djunizes

 

Vorzeit

Seit jeher verbindet man mit der alten Familie Ni Naareb vor allem zweierlei: biederes Beamtentum und okkulte Familienriten. Seit Jahrhunderten haben sie immer wieder bedeutendere oder weniger bedeutende Posten in der kem'schen Verwaltung bekleidet. So wurden über Generationen Ni Náarebs in die Direktorien beordert, bis hin zum ehemaligen Familienoberhaupt, Kerret ni Náareb, welcher bis zu seiner "Flucht" einige Zeit das Direktorium für Provinzüberwachung innehatte. Zwar wurde aus dem Kreise der Familie in den letzten hundert Götterläufen gar niemand mit Provinzverwaltungsaufgaben betraut, was einige verwunderte, doch zollte man zunächst dem Reiche, dann aber mehr und mehr der Person des Cancellarius die größte Ergebenheit. Allerdings gefiel es der Nisut, das Familienoberhaupt Kerret Ni Náareb zum 1.FBO 28 als Neset Ni Djunizes zu bestallen, und somit die jahrzehntelange treue Arbeit aller Ni Náarebs zu ehren. Kerret bewies sich in diesem Amt mit so viel Erfolg, daß er im Geheimen im jahre 32 S.G. zum inoffiziellen Gesandten des Káhet in Al'Anfa bestallt wurde. Vordergründig verließ Kerret das Reich aus finanziellen Gründen, denn offiziell unterhält Kemi keinerlei Beziehungen mit dem Erzfeind aus dem Norden.
Inzwischen jedoch hat es ganz allmählich den Anschein, als ob sich die Familie von diesem althergebrachten Bild lösen würde. Dasß dem mitnichten so ist, sondern lediglich im Zuge des Erstarkens der alten Familien im Káhet diese präsenter sind als zuvor, nimmt so gut wie niemand wahr...
Wer den Cancellarius kennt, der weiß, daß es sich bei dieser altkem'schen Sippe keinesfalls um solch fanatische Gesellen wie die Sá'kurats, Pâestumais oder Chesaî'rets handeln kann. Vielmehr umgibt die Ni Náarebs eher der Schleier einer integren und langweiligen Beamtenfamilie aus Djunizes. Und wirklich scheint es, als ob diese Familie es geschafft hat, während der letzten Jahrhunderte "reinblütig" zu bleiben, doch mag man dies bezweifeln, gibt es doch keine Belege der anderen großen Familien des Káhets, daß jemals eines ihrer Mitglieder mit einem Ni Náareb vermählt wurde. Und so bleibt es ein Geheimnis der Familie, wie sie ihre typisch Kem'schen Merkmale über die Jahrhunderte so deutlich beibehalten konnten, ohne den weitverbreiteten Inzest. Denn diesen gab es nachweisbar nicht... wirklich nicht!

 

Glaube

Die Ni Náareb praktizieren noch heute die uralten Riten ihrer borongläubigen Vorfahren. So verwundert es nicht, dass alle Ni Náareb sehr gläubig sind. Doch ist es nicht der martialische Herr Boron einiger neo-konservativer Kirchenkreise oder etwa die milde Marbo - nein, sie verehren Veser, den alten Boron der ehemaligen Kemi-Hochkultur. So mag es nicht verwundern, dass sie bis heute ein Hauch von Düsternis umgibt. Denn die Riten des Veser sind teilweise sehr blutig, waren jedoch fast immer Vorgänger für die heute allgemein bekannten Liturgien der Boronkirche. So zeichnet sich die Veser-Gläubigkeit durch Kontaktaufnahme mit den Seelen Verstorbener aus, um von Ihnen Dinge zu erfahren, die heutiges Geschehen besser verstehen lassen. Ebenfalls gehört ein teils exzessiver Rauschmittelgenuß zur Praktizierung einiger Riten, um so das Bewusstsein auf eine höhere Ebene zu führen. Und schlussendlich spielen gar blutige Rituale, bei denen die Opfer - früher ausschliesslich Menschen, heute Tiere - als Donata dem dunklen Herrn dargebracht werden, um seinen Gläubigen im Kampf gegen Feinde zu helfen, eine nach wie vor wichtige Rolle. Geschieht es doch oft, dass solcherart Verfluchte keinerlei Schlaf mehr finden oder in ihren Alpträumen dem Wahnsinn anheim fallen ...
Allerdings mag ein anderer Punkt in dieser Hinsicht Licht ins Dunkel bringen. Quasi niemandem im Káhet ist nämlich bekannt, daß in der Tradition der Familie rituelle Ahnenverspeisung, das Herbeirufen der Geister Verstorbener und das rituelle Verfluchen der Gegner der Familie seit Jahrhunderten gang und gebe ist. Einige Mitglieder der Familie sind nämlich auch magisch begabt, jedoch meist auf dem schamanistischen Wege. Jedoch soll es auch Angehörige gegeben haben, deren magische Begabung so stark war, daß sie über Jahre hinweg im Ausland studierten, um der Familie in schwierigen Zeiten beizustehen...
Doch allein die schamanistisch Begabten der Sippe pflegen die blutigen "Traditionen" der Familie, und geben diese Geheimnisse nur unter strengsten Prüfungen an Auserwählte weiter. Der Rest der Familie ahnt von diesen Dingen nichts, obwohl selbst die "offiziellen" Riten obskur anmuten...
Ob nun diese magischen Begabungen, oder schlicht eine andere Besonderheit der Familie ihr typisch kem'sches Erscheinungsbild bewahrt haben, jedenfalls sind die Ni Náarebs eine Sippe, welche mehr anstrebt, als "nur" Titel. Sie gleichen eher einem bislang schlafenden Panther, welcher nun Blut geleckt hat...

 

Oeconomia

Seit Centurien verstehen sich die Ni Náareb auf die Herstellung von Elixieren, Tränken und Giften. Seit einiger Zeit - mit Rückkehr von in Khunchom und im Horasiat Studierten - widmet man sich auch der "hohen Alchimie", dem Erschaffen von Artefakten.
Der bisher sorgsam gepflegte Nimbus des Düsteren und Langweiligen hat dazu beigetragen, dass die Ni Náareb heute weitreichende Verträge geschlossen haben. So beliefern sie nicht nur die Kemi-Flotte mit Charyptischem Feuer und die Schwarze Armee mit Waffengiften vielerlei Arten, sondern handeln auch mit den Freibeutern in den Häfen und versorgen diese mit Tränken und Brandelixieren.

 

In den Schatten

Gänzlich unbekannt ist eine ganz andere, nicht minder schattenlastige Seite der Ni Náareb. So verehren sie nämlich den Herrn Phex. So manch ein Strauchdieb wunderte sich schon, als er den übers Land ziehenden Händler der Familie um dessen Gold erleichtern wollte, und diesem mit einem Mal ein gewandter Kämpfer, förmlich aus dem Nichts zu Hilfe kam. Diese "Schattenfüchse" begleiten die Händler unauffällig und tragen für deren Schutz Sorge. Die genaue Zahl ist nicht bekannt, doch dürften es insgesamt ein gutes halbes Dutzend sein, die dem Fuchsherrn auf diese Weise dienen.
Sie sind es auch, wenn es an delikatere Aufgaben geht. Denn die Familie hat sich spezialisiert auf das "Besorgen" von schier unerreichbar erscheinenden Dingen - für einen angemessenen Preis. Man hat sich in den vergangenen Götterläufen häufig gefragt, wie die als kanzlertreu geltende Familie die harten Auseinandersetzung der im Kahet vertretenen Fraktionen so ruhig überstanden hat. Schnell war man mit der Erklärung bei der Hand, dass der Kanzler seine schützende Hand über die Ni Náareb gehalten hatte. Doch resultierte die Ruhe um die Ni Náareb aus einer anderen Quelle ...
So verstanden es die Schattenfüchse nämlich, brisante Informationen über für sie wichtige Personen zu sammeln. Und immer kam man mit diesen Personen ins Geschäft ...

 

Gegenwart

Nach wie vor unterschätzt man die Ni Náareb. Der sie umgebende, düstere Nimbus wird von Ihnen - nicht nur aus Selbstschutz, sondern aus Überzeugung - aufrecht erhalten. Denn der dunkle Herr und der Herr der Schatten sind Ihnen scheinbar wohlgesonnen ... so dass niemand zu sagen vermag, wo die Ni Náareb überall ihre Finger im Spiel haben oder wer ihnen etwas schuldet ...

 

Familienmitglieder

 

Vox populi:

"Wer ? Nein nein, KERRET heißt er, nicht Kem´mehy...."
(ein Händler in Yryet / Tayab auf die Frage eines Beamten nach Kem´mehy)

 

"Das Familienoberhaupt der Ni Naareb ? ............"
(Antwort eines Fischers auf selbige Frage des obigen Beamten)

 

"Kem´mehy Ni Naareb ? Ein schweigsamer, düsterer Mann."
(ungenannt bleibend wollende Dame aus der "Oberschicht" Tayabs)

 

"Kräutersammler und Giftmischer, intrigant, sitzt wie eine Spinne im Netz - und seine Fäden sind Informationen und Wissen."
(anonym)

 

Unmittelbar bevor das einstige Familienoberhaupt Kerret Ni Náareb nach Al´Anfa ging, erwählte er noch seinen Nachfolger, der an Ort und Stelle als offizielles Familienoberhaupt agieren sollte, inoffiziell aber seinen Wünschen und Weisungen zu folgen hatte. So wurde nach Kerrets "Abreise" Kem'mehy Ni Náareb - gemäß den überlieferten Ritualen - zum neuen Familienoberhaupt gekürt.
So einig und friedvoll die Ni Náarebs auch nach außen hin auftreten, so gravierend sind aber ihre eigenen Probleme. Kerret ist zwar, nach einem kannibalistischen Ritual, unumschränkter Patriarch der Familie, doch regt sich - zumal seit seinem Einsatz im Ausland - starker Widerstand gegen ihn. Sei es der Großvater Isrán - das gegenwärtige offizielle Familienoberhaupt -, welcher unnachgiebig die alten Werte der Familie verfolgt sehen will, und dem die "modernen" Ansichten Kerrets zu weit gehen (wie modern mag ein Kannibale mit magischen Fähigkeiten nur sein?!?). Oder sei es der Ur-Ur-Ur-Großvater Kar'dschéfân, welcher nach einer Verfluchung sein untotes Dasein als körperlicher Geist in den Gemäuern des Stammsitzes der Familie fristen muß, und jedem Familienoberhaupt Leid zu bringen sucht, welches nicht dafür sorgen kann (oder will), daß der Geist seine Ruhe findet.

Desweiteren hat Kerret noch drei Brüder und eine Schwester: Veljûr Aram, ein einfacher Priester des Boron (Kem'scher Ritus), welcher mit Sherizeth saba Nebahot, einer Boronsgeweihten des Puniner Ritus liiert ist. Ihm sind selbst die bekannten Riten der Familie nicht geheuer und mit seinem Glauben nur schwer vereinbar, doch achtet (oder fürchtet) er den Patriarchen zu sehr, um sich offen aufzulehnen. Seine Beziehung zu Sherizeth ist allerdings ein gut gehütetes Geheimnis. Ôneiron und Siran Turnáar stehen Kerret mehr oder weniger loyal zur Seite, und dienen ihm als seine rechten Hände. Néra Shenrèniseth ist die undurchsichtige Schwester Kerrets, welche mit unnachgiebigem Haß die Sippe der Me'kaths verfolgt und ihnen schadet, wo sie nur kann.
Der Vater der fünf Geschwister, Bjuran, verstarb in dem Jahr, in welchem Kerret sein Amt als Familienoberhaupt antrat. Und dies war kein Unfall, vielmehr wurde er das Opfer des rituellen Machtübergangs innerhalb der Sippe, bei welchem Kerret das ehemalige Oberhaupt verspeiste...
Daher ist nun Sirana Vril'ya die Hausherrin, die Mutter des noch jungen Patriarchen. Sie ist ihm unbedingt loyal verbunden, genau wie der Bruder ihres verstorbenen Mannes, Péran'Seth, der Seher, Mystiker und Schamane der Familie. Sein Einfluß auf die Familie ist unermeßlich, da er momentan allein über die Fähigkeiten der náareb'schen Seher und Mystiker verfügt und weitestgehend allein entscheidet (in Absprache mit dem alten Isrân), inwieweit er mit seinen Fähigkeiten auf den Lauf der Dinge Einfluß nimmt. Aber wehe dem Tag, an welchem er sein Wissen weitergibt an einen jüngeren, agileren Mann (denn offenbar können nur Männer nach der Tradition das magische Erbe der Familie in sich tragen).
Theriona, die Schwester des Verstorbenen Ex-Patriarchen, ist eine Frau mit viel Charisma und einem jugendlichem Äußeren, welches ihre 52 Lebensjahre nicht erahnen läßt. Sie ist eine Frau mit vielen Amouren, Liebeleien und manchem mehr... selbst ihren Neffen Ôneiron verführte sie bereits. Auch wenn Theriona mit einem Kemi vermählt wurde, so kennt doch niemand die Herkunft von Turshal Ni Féren und so mag man hier noch eine Überraschung erleben. Schließlich ist eine Sippe der Ni Féren in Kemi nicht bekannt... doch besitzt er augenscheinlich alle Merkmale eines reinblütigen Kemis...
Hoch über diesen Auseinandersetzungen stehen aber die Großeltern Kerrets, Isrân und Cámra Niseth. Sie mischen sich kaum in die Angelegenheiten der Familie, doch versuchen sie eisern, die Traditionen gegen die modernistischen Auffassungen Kerrets durchzusetzen. Vor allem wollen sie die lähmende Abhängigkeit Kerrets vom Cancellarius durchtrennen, um so aktiver und unnachgiebiger ihre Ziele durchzusetzen: Macht den Ni Náarebs, Tod den Me'kaths!
Einst aus den Tiefen des Dschungels zwischen Táyáb und Yunisa stammend, sitzt die Familie mittlerweile in der Nähe von Yryet in einem weitläufig gerodeten Tal des Omjakan. Kerret, der eigentliche Herr des Hauses, ist allerdings dort nur noch selten und diskret zu sehen.
Die Feindschaft mit den Me'kaths wurde erst in den letzten Götterläufen neu entfacht, vornehmlich durch die Traditionalisten der Sippe, welche den Todeskampf der beiden Sippen von vor hunderten von Götterläufen wieder aufnehmen wollen. Schließlich waren die beiden Sippen immer Nachbarn und stritten blutig um die Reichtümer des Waldes und des Bodens. Das Absterben des alten Feindes unter dem todessehnsüchtigen Boronîan Me'káth macht nun selbst Kerret soweit zufrieden, daß er die inneren Probleme seiner Familie weit weniger schlimm sieht, als sie in Wirklichkeit sind...