Die Familie Mehyem'ká

Über eine alteingesessene Kemi-Familie

 

Eine der alten Familien des Reiches ist die aus Démyúnem stammende Familie Mehyem'ká, wohl so alt und ebenso tief im Reiche verwurzelt wie die großen Familien Mezkarai oder Pâestumai, doch lange nicht so bekannt oder so einflussreich wie die zuvor genannten.

 

Herkunft des Familiennamen

Betrachtet man den Namen Mehyem'ká genau, so lassen sich daraus die kem'schen Bezeichnungen und Namensbestandteile für Wächter, nämlich "mehy", sowie für Priester, nämlich "hem'ká" ableiten, sinngemäß also "die Wächter der Priester", offensichtlich mehr denn ein einfacher Name, vielmehr ein Ehrentitel aus längst vergangenen Epochen der kem'schen Geschichte.

 

Tradition der Familie

Unter Berücksichtigung der bekannten Historie und der Namensbedeutung der Mehyem'kás mögen deren Lebensart und -weise, sowie deren noch heute aufrecht erhaltenen Traditionen und ihre Anstrengungen im Dienste des Heiligen Raben nicht verwunderlich sein, sondern nach all dieser Zeit eher beachtlich erscheinen. Seit ehedem sind sie dem Götterfürsten eng verbunden und stehen somit auch dem jeweilig amtierenden Ersten Rabendiener oder der Ersten Rabendienerin sehr nahe, es ist eine unumstößliche Lebensaufgabe für jedes einzelne Familienmitglied, sein Leben in den Dienst des Heiligen Raben zu stellen. Tatsächlich waren und sind es allerdings nur wenige Sippenmitglieder, die sich dazu berufen fühlen, ihren Dienst als Priester oder Priesterin zu versehen, vielmehr verstehen sie die Berufung der Familie darin, für die Schutz der Diener Gottes und der heiligen Stätten zu sorgen.



Es ist daher kaum verwunderlich, dass die Mehyem'kás niemals mehr denn das Amt eines Akîbs innehatten, gilt ihr Streben doch nicht dieser Art Ruhm und Ansehen. Sie sind und sie waren schon immer Wächter der Priesterschaft, nicht mehr und nicht weniger und schon bedeutend seltener Priester oder Priesterinnen des Götterfürsten. In der gesamten bekannten Geschichte gab es nur eine Handvoll Männer und Frauen, die gegen diese Familienehre aufbegehrten und nach greifbarer Macht und Ruhm suchten, Männer und Frauen, die nicht länger im Kreis der Familie geduldet wurden und sich daher selber von ihr lossagten.
Neben der Erziehung innerhalb der Familie, in der während der Kinderjahre der Grundstein für dieses zutiefst borongläubige Leben gelegt wird, tragen hierzu auch die Jahre innerhalb der Mauern Laguanas bei, hinter denen immer wieder Kinder der Familie seit Generationen das Ordensnoviziat der Streiter und Streiterinnen durchlaufen. Mit dem Ende des Noviziats traten sie zumeist ihren Dienst in einem der Tempel oder an der Seite eines Gottesmannes oder einer Gottesfrau an, eine alte Tradition, die sich bis in die Zeiten der Nisut Rhonda IV. zurückverfolgen lässt. Andere, wenn auch wenige, versuchen die Weihen der Priesterschaft zu erreichen, auf ihre Weise dienen aber alle Familiemitglieder eifrig dem Heiligen Raben.

 

Mitglieder der Familie


Seit unzähligen Generation leben die Angehörigen nun schon auf dem Familienanwesen in Nabire, die Siedlung selbst wuchs erst nach und nach im Schutze der Familie heran und zählte nie mehr denn fünfzig Einwohner, von denen sicherlich etwa zwanzig zur näheren und weiteren Sippe der Mehyem'ká gehören.
In diesen Tagen ruhen die Geschicke der wohl dreißig Köpfe zählende Sippe auf den Schultern von Áchyret Mehyem'ká, die von Nabire aus strenge Wacht über die Taten ihrer Kinder, Kindeskinder und Anverwandten hält. Die Mittsechzigerin hatte den Großteil ihres Lebens im Basalthaus zu Maihehm versehen, bevor sie vor etwa vor zehn Jahren die Führung der Familie übernahm.
Neben dieser sind es wohl Shesib Mehyem'ká, die Komturin von Brabaccio und Kenheká Mehyem'ká, der Türhüter zu Laguana, sowie Hedj'sebá Mehyem'ká, die Beraterin des Akîbs ni Démyúnem, deren Namen man im Reiche vernommen hat, viele andere dienen auf gleiche, einfache Weise in den Tempeln und Gotteshäusern des Heiligen Raben.

 

Geschichte der Familie

Nur wenige Aufzeichnungen zur tatsächlichen Herkunft der Familie haben den Lauf der Geschichte überdauert, in der Gegend der Ruinen von Terkum entdeckte Zeichen und Glyphen weisen zumindest darauf hin, dass in jener kem'schen Ära bereits Mehyem'kás in der einstigen Stadt lebten und dort ihre Dienste versahen. Gleiche Zeugnisse fanden sich auch in den Ruinen der einstigen Hauptstadt Ujak, von denen die ältesten eine in ein Relief geschlagene Geschichte einer aus dem Umland der Stadt stammenden Sippe erzählen, die sich besonders um das Wohlergehen der Diener des Heiligen Raben verdient gemacht hatten. Hierbei handelt es sich ganz offensichtlich um die Mehyem'kás, denn die für die Sippe verwandte Glyphe weist weitgehende Übereinstimmung mit dem noch heute verwendeten Zeichen der Mehyem'kás auf und lässt sich in die 13. Dynastie des Reiches, zu Zeiten der Nisut Ela V. zurückdatieren.
Vertraut man den Erzählungen der Mehyem'kás, so scheint deren Familiengeschichte weitaus älter zu sein, sollen ihre Ahnen doch die Gebiete der heutigen Provinzen Terkum und Mer'imen mit erkundet und an deren Besiedlung ihren Anteil gehabt haben. Bei den zuvor genannten Aussagen handelt es sich nur um Erzählungen, denen es an aussagekräftigen Nachweisen mangelt, doch es ist auch nicht das Wesen der Mehyem'kás, mit diesen Erzählungen zu prahlen und sich auf deren Wahrheitsgehalt zu berufen. Warum die Familie allerdings erstmals in der 18. Dynastie des Reiches, zu Zeiten der Nisut Rhonda IV. mit der Verwaltung einer jungen Ansiedelung in der Wildnis nahe der Mündung des Gangreb betraut wurde, bleibt wohl stets in den Schatten der Vergangenheit verborgen, lässt aber die zuvor erwähnten Erzählungen in einem anderen Licht erscheinen, da die Grenzen und somit das gesicherte Gebiet des Reiches zu jener Zeit gerade bis zum heutigen Merkem reichte. Fest steht, dass die Mehyem'kás dort im Namen der Nisut sprachen, was eine handgroße Tontafel noch in diesen Tagen bezeugen kann, eines, wenn nicht gar das am sorgsamsten behütete Kleinod der mehyem'ká'schen Vergangenheit.
Sucht man nach weiteren Zeichen der Mehyem'kás, so lassen sich diese in den Heiligen Hallen auf Laguana finden und bis zur 15. Dynastie des Reiches, zu Zeiten des Nefer Setepen I. zurückverfolgen. Hierbei handelt es sich fast ausschließlich um Klage- und Trauerschriften, die von Kämpfen um die Stätten des Heiligen Raben und vom Ableben der Wächter und Wächterinnen in Ausübung ihrer Verpflichtungen gegenüber den Dienern und Dienerinnen des Götterfürsten berichten. Zeugnisse lassen sich auch in einigen Archiven der Basalthäuser finden, in denen ein Familienmitglied als Tempelwächter gedient hat.
Mit den unzähligen Kämpfen und Rückschlägen, die das Reich erdulden musste, nahm natürlich auch die Größe der Mehyem'kás stetig zu oder ab, allein was die Kopfzahl ihrer Familienmitglieder anging, denn ihr tadelloser und gottesgefälliger Ruf mehrte sich ganz allmählich. Ungewollt sorgten zahlreiche Sippenmitglieder für diese, der Familie zuteil werdende Ehre, handelten sie doch stets demütig und boronfürchtig, wie Nebîb Mehyem'ká, der zu Zeiten der Nisut Ela VI. im Quellgebiet des Seneb einen Hohlweg gegen die Barbaren verteidigte und mit seinem Leben die Flucht von einem Dutzend Priester und Priesterinnen sicherte oder wie Chep'yah Mehyem'ká, der zu Zeiten des Nefer Kacha IV. zu einem bedeutenden Heerführer aufstieg und den Soldaten des Kaiser Olruk I. eine Reihe empfindlicher Niederlagen zufügte. Andere wachten ebenfalls getreu über die ihnen anvertrauten Diener des Heiligen Raben und die heiligen Stätten, ohne das sie dabei allbekannte Taten vollbrachten, wie die des Nar'mer Mehyem'ká, der zu Zeiten der garether Praiosherrscher zwei Priester und unzählige Söldlinge des Sonnengottes erschlug, bevor er unter dem herabstürzenden Gebälk des brennenden Tempels begraben wurde und so weiteren Ruhm an den Namen Mehyem'ká heftete.
Über die Jahre hinweg wurden die Mehyem'ká im Laufe dieser Epochen trotz aller Bescheidenheit daher zu einer großen und geachteten Familie, die weniger Reichtum und Landbesitz als manch einfacher Handelsherr vorweisen konnten, wohl aber geachtet und geschätzt wurden.
Erstmals in der 18. Dynastie, zu den schweren Zeiten der Nisut Rhonda VIII., stießen die Mehyem'kás erbittert mit einer der anderen großen Familien des Reiches zusammen, den Pâestumai. Weshalb es dazu kam, dass mehr denn die Hälfte der Familienmitglieder gewaltsam vorzeitig zu Tode kamen, lässt sich schwer ergründen. Verschiedene Quellen deuten allerdings an, dass mezkarai'sche Heiratspolitik eine nicht unwesentliche Ursache gewesen sei und es in absehbarer Zeit zu einer Vermählung zwischen bedeutenden Angehörigen der Familien Mehyem'ká und Mezkarai kommen sollte. Selbst in den großen Archiven der Mezkarai sollen sich keine Aufzeichnungen finden, andere deuten gerade dieses Schweigen als Indiz für eine mezkarai'sche Verschwörung, denn sie verloren als einzige keine Familienmitglieder in den nachfolgenden Auseinandersetzungen und büßten weder an Stärke und Einfluss ein, anders als die Pâestumai und besonders die Mehyem'ká. Aus diesen Tagen stammt die Abneigung der Mehyem'ká gegenüber den anderen großen Familien der Mezkarai und Pâestumai, etwas das sich bis heute nicht geändert hat und in den nachfolgenden Zeiten noch mehrfach für Zwietracht zwischen den Familien sorgte.

 

Nur langsam erholten sich die Mehyem'ká von dieser Auseinandersetzung und gerieten schon bald wieder in schwer zu bestehende Zeiten, ergriffen doch die garether Priesterkaiser im Reiche die Macht und setzten den zutiefst borongläubigen Mehyem'kás nach, die sich zusammen mit den alten Familien des Reiches nach Kräften wehrten. Das stetige Auf und Ab zwischen ruhigen und unruhigen Zeiten hielt unvermittelt an und nur wenige Generationen nach der Vertreibung der priesterkaiserlichen Schergen brach weitere Verwirrung im Reiche aus, in denen die Mehyem'kás an der Seite der Hohepriester und Hohepriesterinnen wider die aufständischen Corvikaner fochten. Schien es zunächst so, als können sich Mehyem'kás und Pâestumai durch den gemeinsamen Widerstand gegen die garether Praiosdienern einander annähern, so wurde diese aufkeimende Hoffnung wenige Generationen später durch die abtrünnigen Corvikaner völlig zunichte gemacht, in deren Reihen sich auch einige der Pâestumai fanden.
Diese Tage sind ebenfalls vergangen und die nachfolgende, jüngste Vergangenheit bescherte den Mehyem'kás eine nicht weniger aufregende Zeit, fiel Démyúnem, das Lehen, in dem der alte Familiensitz der Familie zu finden ist, an Terkum, eine Provinz, die dem Einfluss der ehemaligen Corvikaner besonders ausgesetzt ist.