Fremdartige Kulte
Ist schon die kem'sche Auslegung des aich im Norden praltizierten Boronkultes recht eigen, so sind durch Tradition und Geschichte auch andere Abwandlungen bekannter Kulte in Kemi verbreitet, Beispielhaft dazu soll die Religion der "Stadt-Achaz" - die ihre bedetendsten Kolonien in Khefu und Re'cha unterhalten - und die Glaubenswelt der aus entflohenen und freigelassenen Sklaven betrachtet werden.
Von den Bewahrerinnen und Bewahrern
"Kaum etwas, was in den echsischen Landen für den Schuppenlosen wenig seltsam, kaum etwas, was nicht ungewöhnlich. Doch mehr als alles andere weiß die Religion der Geschuppten zu faszinieren, und, mehr noch, deren Priesterinnen und Priester wie sie in den Kolonien der Menschen ihr Werk tun..."
(Handor von Vinsalt, Forscher)
Diese Aussage des Handor von Vinsalt trifft den Kern vermutlich besser, als die zahlreichen Vergleichsstudien über die religiösen Aspekte der Stadt-Achaz, die in den Menschenreichen in dunklen Bibliothekswinkeln vermodern. Die Fremdartigkeit der geschuppten Rasse findet in der Rolle der geweihten Echsen einen Höhepunkt, einen, den der einfache Verstand der Menschlein nie ergründen wird.
Wie viele echsische Geweihte es gibt, ist nicht bekannt, doch kann man getrost davon ausgehen, sie in jeder Kolonie der Achaz anzutreffen, mögen sie nun in ihre traditionelle Gewandung gehüllt sein, oder unerkannt unter dem echsischen Volk wandeln. Die echsische Gesellschaft wird von diesen Geweihten beherrscht, und zollt man den verwegenen Kriegern und Forschern auch weithin Bewunderung und Verehrung, so anerkennt man die heiligen Frauen und Männer als diejenigen, denen das Wohl des Achaz-Volkes offiziell anvertraut ist, in guten wie auch in den schlechten Zeiten.
Beeinflußt von den menschlichen Kulten, hat sich die echsische Glaubensvorstellung in den Kolonien der Geschuppten im Laufe der Jahrhunderte stark gewandelt; wenig haben diese Vorstellungen noch mit den zu fürchtenden H'Ranga der fern von den Menschen lebenden Achaz gemein. Die Religion der Geschuppten geht von der Vorstellung einer allgemeinen Kraft aus, die allenthalben in der Schöpfung wirkt und Einfluß hat. Diese allgemeine Kraft zeigt sich in vielfältigen Ausprägungen, sei es als Segen im Krieg oder bei der Ernte. Die Echsischen sehen in dieser Kraft das Leben, das sie auch die "Allesgebärende Mutter" nennen. Die Allesgebärende Mutter ist die allumfassende Kraft, jene Göttin, die die Welt geschaffen und die Echsischen als ihre Kinder in diese setzte.
In der echsischen Gesellschaft existiert eine homogene Priesterschaft, die Bewahrerinnen und Bewahrer des Heiligen Lebens der Allesgebärenden Mutter, wie der offizielle Titel eines Geweihten in den Echsenkolonien lautet. Ihre Aufgaben sind fest umrissen, ebenso wie die Rangfolge der Geweihten. Auf der untersten Stufe stehen die gemeinen Geweihten, die in ihrer Sippe für allerlei Alltagshandlungen zuständig sind: vom Erstsegen der Gelege bis zur Ausbringung der Ernte oder der Segnung der in einem Kriegsfall ausrückenden Krieger. Direkt über diesen stehen die Stadtgeweihten, die zwar die gleichen Pflichten haben wie die unter ihnen stehenden Geweihten, doch das dem Sippenwohl übergeordnete Gemeinwohl der Kolonie im Auge haben müssen. Gerne greifen sie dabei auf mehr oder weniger zuverlässige Diakone zurück, junge Echslinge, die noch nicht geweiht, aber in den Grundzügen des Glaubens bereits hinreichend gebildet sind. Über den Stadtgeweihten stehen die Geheimen Weisheiten, Bewahrerinnen und Bewahrer ohne erkennbare äußere Zeichen ihrer Würde, die willkürlich von Kolonie zu Kolonie reisen und dort nach Gefahren für das Achaz-Volk suchen. Die Geheimen Weisheiten unterstehen in ihrer Aufgabe direkt der legendären Groß-Bewahrerin von Zzzsah'Szzinth, deren Identätät nur den Wenigsten bekannt ist, und verfügen somit über eine beträchtliche Machtfülle. Diese oberste Stufe der echischen Priesterschaft versammelt sich jedes Jahr an einem geheimen Ort, um dort grundsätzliche Fragen des Glaubens zu erörtern.
Die Achaz glauben an die Allesgebärende Mutter, jene, die die Welt geschaffen hatte, die so lange perfekt war, bis der Abscheuliche, der Gegenspieler der Muttergöttin, die Schöpfung durch die Humanoiden verunreinigt hatte. Die Gestalt der Allesgebärenden Mutter ist wandelbar, sie ist alles und eines, sie verkörpert das Leben, den Tod und die Wiedergeburt. Sie hat das Leben in wiederkehrende Zyklen eingeteilt, denn alles, was alt und verbraucht ist, muß sterben und dereinst wiedergeboren werden. Und so glauben die Echslinge daran, daß nach ihrem Tod ihre geschwundene Lebenskraft eines wird mit der Allesgebärenden Mutter und dereinst wieder einem Körper eingegeben wird, den die Muttergöttin im großen Sumpf aus Lehm und Gras formt.
Die Tempel der Echslinge sind meist kleinere Steinpyramiden inmitten der Achazkolonie, auf deren Spitze das Allerheiligste so angebracht ist, daß die Sonnenstrahlen sein Innerstes jeweils um die Mittagszeit in gleißendes Licht tauchen. Schätze und Gold findet man nicht darinnen, denn es ist nicht das Gold, das das Wirken der Großen Mutter symbolisiert, es ist das Leben und die Wiedergeburt. So wimmelt es in den Heiligen Zentren der Echsentempel von kleinen Salamandern, abgelegten Häuten der echsischen Bewahrerinnenschaft und Eierschalen berühmter Echslinge. Täglich zur Mittagszeit, wenn die Sonne den höchsten Punkt im Zenit erreicht hat, sammeln sich zahlreiche Achaz vor den Tempeln zur Huldigung der Allesgebärenden Mutter, eine Zeremonie, die jedesmal etwas anders aussieht, je nachdem, welcher Anlaß die Kolonie in diesen Zeiten in Atem hält. So mag es an den Jahrestagen vergangener Siege über menschliche Angriffe vorkommen, daß auf der Spitze der Pyramide menschliche Waffen rituell zerstört werden, anderentags wiederum kann es sein, daß ein echsicher Reisender ein skurriles Artefakt aus fernen Ländern der Bewahrerin zum Geschenke darbringt.
Die Symbolik des echsischen Glaubens ist recht einfach. Die Geweihten aller Rangstufen tragen ein Gewand, das gefärbt ist wie der Regenbogen, der tagein, tagaus die Wasserfälle bei Zzzsah'Szzinth überspannt. Die Farben aber sind wandelbar und in stetem Fluß, die ständige Veränderung und Erneuerung, die die Grundlage alles Lebens ist, symbolisierend. Der Rang der Bewahrerin ist an an der vorherrschenden Farbe der Gewandung erkennbar. Während die Sippenbewahrerin in eher von Blautönen dominierter Gewandung einherschreitet, herrscht bei den Stadtgeweihten Grün und bei den Hochgeweihten Rot vor. Alle echsischen Geweihten können die wechselnde Färbung auch durch eine Art Wunder auf ihr Schuppenkleid übertragen. Dazu streicht der Echsling mit den Händen an seinem Körper entlang und murmelt eine uralte Formel. Dieses 'Wunder' ermöglicht es dem Bewahrer, sich jederzeit auch ohne Gewandung zu erkennen zu geben - insbesondere wird dies von den Geheimen Weisheiten ausgenutzt. Alle Geweihten tragen zu den Zeremonien dazu noch einen goldenen Anhänger, auf dem die Große Mutter in Form eines aufrecht stehenden Salamanders abgebildet ist, dieses Motiv sieht man in den Tempeln oftmals als Gemälde oder Staue wieder.
Der enorme Einfluß der Bewahrerinnen in den Kolonien bringt es natürlich mit sich, daß sie in vielen Positionen unumstrittene Autoritäten darstellen. So kennt das stadtechsische Volk keinen Richterstand an sich, denn Strafen werden von den Bewahrerinnen ausgesprochen, je nachdem, wie schwer der Eingriff des Delinquenten in die göttliche Ordnung war. In kleineren Kolonien übernehmen die Bewahrerinnen und Bewahrer auch oft die Funktion des Dorfoberhauptes. Auch haben die Bewahrerinnen und Bewahrer auf anderen Gebieten umfangreiche Rechte.
Sie können Echslinge aus der Göttlichen Gemeinschaft ausstoßen (Ächtung), sie haben jederzeit Anrecht auf Gastung und wahrheitsgemäße Auskunft, sie genießen Immunität, die nur von den Hochgeweihten aufgehoben werden kann, sie haben Anspruch auf jegliche Dienstleistung und Handwerkswaren, unterliegen keinen Einschränkungen im Tragen von Waffen und haben Anspruch auf bedingungslose Gefolgschaft - zu welchem Zweck auch immer. Nun könnte man meinen, daß eine derartige Machtfülle zum Mißbrauch quasi einlädt, doch dem ist nicht so. Bewahrerin ist eine Berufung und kein 'Beruf', so wie es bei den Menschlingen ist. Ein Echsling wird von seiner Göttin persönlich zum Dienst erwählt, und zwar schon bei seiner Geburt. Legt eine Echsenfrau ein Ei mit einer in allen Regenbogenfarben schimmernden Schale, so erlangt sie nicht nur den privilegierten Status einer von der "Göttin" Erwählten, sondern muß sich auch damit abfinden, daß ihr Kind aus dem Gelege entfernt und mit einer großen Zeremonie in den nächsten Tempel überführt wird, wo es nach seiner Geburt in seinen kommenden Pflichten unterwiesen wird.
Die besonderen Lebensumstände der Bewahrerinnen und Bewahrer bringen es mit sich, daß diese ihr Gegenüber - sei es Mensch oder Echs - sehr gut einschätzen können, es ist selbst für einen professionellen Lügner schwer, eine Bewahrerin hinters Licht zu führen. Dazu kommt noch, daß die Aura eines echsischen Geweihten, die Macht, Stärke und Wissen ausstrahlt, Menschen und Echsen dermaßen einschüchtert, daß sie vor Angriffen oder Beleidungen des Echslings unbewußt zurückschrecken. Bewahrerinnen und Bewahrer verfügen auch über einen gewissen Schutz vor Zauberei, so verhindert es die göttliche Gesandtschaft zum Beispiel, daß eine Bewahrerin leichte Beute für Beherrschungsmagie wird und - falls dieser ungeheure Frevel doch gelingen sollte - auch unter der Beherrschung keine Handlungen begehen wird, die ihrem Glauben widersprechen. Bewahrerinnen und Bewahrer sind, was den Kampf angeht, sehr zurückhaltend, denn das Zerstören von Leben will sorgsam bedacht werden - so wird ein echsicher Geweihter immer prüfen, ob das Leben, das es zu vernichten gilt, wahrlich ein Widerspruch zur Schöpfung der Allesgebärenden Mutter darstellt oder nicht. Neuen Dingen gegenüber ist die Bewahrerin in höchstem Maße aufgeschlossen, gelten doch gerade neue Schöpfungen als Manifestation des Segens der Großen Mutter.
Der Wundu-Glaube und die Kultur der Sklavenstämme
Die Wundu Religion ist eindeutig eine neuzeitliche Schöpfung, möglicherweise jedoch geprägt von altertümlichen Totenriten. Sie ist ein Produkt jener Stadtstaaten, deren System auf Sklavenhaltung basiert. Bevor man jedoch auf die Religion als solche eingeht, müssen jedoch zuerst Hintergründe und Wurzeln ergründet werden, die man in er Sklaverei findet.
Im Laufe mehrerer Jahrzehnte entstand auf den Plantagen dieser Südaventurischen Städte eine Generation von Waldmenschen, die, durchmischt mit dem Blut einiger Weisser, in Unfreiheit gezeugt wurden, deren Ahnen bereits Sklaven gewesen waren, und die sich kein anderes Leben, als das in der Sklaverei vorstellen können. Zusätzlich hatten sie sich absolut an dieses Leben angepasst. Diese Generation könnte man wohl als Sklavenstämme bezeichnen. Schliesslich haben sie Rangordnungen geschaffen, die durchaus mit denen einer typischen Waldmenschensiedlung vergleichbar sind. Selbst die Anzahl der Bewohner, die eine Plantage bearbeiten und in Betrieb halten entspricht in etwa der einer Dorfgemeinschaft (etwa 50 Personen).
Die kulturellen Wurzeln zu den in Freiheit lebenden Waldmenschen sind allerdings so gut wie abgestorben. Die Kultur dieser Sklavenstämme entstand aus den verschiedenen Brauchtümern der einzelnen Stämme, da ihre vorfahren Utulus, Mohas, Catko und viele andere waren. Zusätzlich kam noch der Einfluss der" zivilisierten" Menschen und natürlich die Besonderen Bedingungen, als Unfreier, innerhalb des, von der Aussenwelt isolierten Bereichs einer Plantage, hinzu. somit stellt die Kultur der Sklavenstämme ein Mischmasch verschiedenster Gebräuche und Rituale dar, die teilweise jeglichen Sinnes entbehren. Denn die Gesellschaft der Plantagensklaven beruht nicht mehr auf den Grundsätzen eines Jägerdaseins in der tödlichen Hölle des Dschungels, aus dem viele Bräuche entlehnt sind. Nein, ihr Dasein basiert auf dem eines Arbeiters, der, nichts desto trotz ein entbehrungsreiches und gefährliches Leben führt. Die Mittel, um Nahrung und Sicherheit zu erlangen sind absolut verschieden.
Die Anpassungsfähigkeit dieser mohastämmigen Menschen (verzeiht diese Verallgemeinerung) ist bewundernswert und beruht wahrscheinlich auf den natürlichen Überlebensinstinkten dieses Volkes : der Tarnung. So wie der Jäger sich im Dickicht tarnt, um nicht selbst zum Gejagten zu werden, verstecken die Sklaven sich innerhalb der Gemeinschaft, um nicht zu sehr aufzufallen. Denn dies kann ob der Willkür der Plantagenaufseher und -herren durchaus tödlich enden. Interessant ist auch, dass in der Kultur der Sklavenstämme nicht nur" zivilisierte" Verhaltensweisen, sondern sogar religiöse Feiertage integriert wurden, was auf bestimmten Konditionierungs (Lern -) Prozessen basiert. Die Sklaven hatten früher feststellen müssen, dass die Aufseher an manchen Tagen besonders gut gelaunt waren oder eine Sonder - Ration spendierten. Dies war natürlich ein Grund zur Freude oder sogar zu feiern und schon bald war ein religiöser Feiertag entstanden. Teilweise wurden sogar bestimmte Rituale oder Grundgedanken dieser Tage übernommen, so das die Herren, im Glauben, wieder einmal" ein paar Wilde bekehrt" zu haben, diese Feiern sogar unterstützten.
Ein weiterer interessanter Aspekt dieser Kultur, ist die Form des Hruruzat, die von den Sklavenstämmen trainiert wird. Sie nennen diese Art zu kämpfen capuiera, würden jedoch nie zugeben, dass es sich dabei um eine tödliche Waffe handelt. Sie tarnen die capuiera nämlich als Tanz. Selbst die Herren können sich der Faszination, die von diesem tänzerischen Schaukampf, mit den athletischen Sprüngen nicht entziehen, obwohl sie in ihrer unendlichen Arroganz den wahren Kern der capuiera nicht erkennen. Seltsamerweise verlief diese kulturelle Entwicklung, bis auf kleine Abweichungen , auf beinahe allen Plantagen, wo seit mehreren Generationen Sklaven gezüchtet wurden, ähnlich ab.
Die Religion des Wundu entstand aus den vorhin bereits beschriebenen Umständen. Sie gleicht einer sehr zivilisierten Form des Kamaluq-Glaubens, durchmischt mit den Religionen der Weissen. Grundsätzlich ist diese Religion dem Kamaluq - Ritus ähnlicher als alles andere, hat aber starke Eigenheiten.
Die Wundu - Gläubigen verehren keinen bestimmten Gott, sondern eher das Leben an sich. Auch sie glauben, dass alles in ihrer Umwelt von Lebensgeistern erfüllt sei (vergl.. die Nipakaus der Waldmenschen), die es zu besänftigen gilt, wenn man etwas entnimmt. Auch die Geister der Ahnen werden verehrt. Zusätzlich jedoch existiert eine unübersichtliche Vielzahl von Heiligen, die oftmals den Charakter der Zwölfgötter symbolisieren.
Prägend für diese Religion ist jedoch auch der Totenkult. Dafür gibt es mehrere Gründe:
1. wurden die Sklaven schon immer, mit dem im Süden vorherrschenden Boronglauben, stark konfrontiert.
2. Der Tod ist eine prägende Norm auf einer Plantage, was auf die schwer körperliche Arbeit, Unterernährung, den Umgang mit Giftstoffen und/oder die Willkür der Aufseher zurückzuführen ist.
3. eine Spekulation: Möglicherweise haben frühere Sklavengenerationen den Verfall und das Absterben ihrer ureigensten Kultur, Brauchtümer und Wurzeln bemerkt und daraus einen Kult gemacht der dieses Thema wieder aufgreift.
Dem Wundu - Priester, der eine Art religiösen Führer, ähnlich einem Schamanen,der ebenfalls mit vergleichbaren Kräften ausgestattet ist, darstellt, wird auch die Macht über Leben und Tod zugeschrieben. Dabei gilt der Priester weder als gut, noch als böse, sondern als neutraler, mächtiger Mensch, Führer und Richter, der sich mit den Gebräuchen auskennt und eher der Geisterwelt, als dem Reich der Lebenden zugetan ist.
Die schlimmste Strafe, die er verhängen kann ist der Todesfluch. Für die Waldmenschen gilt jemand als tot (tabu), der das Stammesgebiet für immer verlassen muss. Da diese Form des Verstosses nicht realisierbar ist (die Aufseher würden den Sklaven ja wohl kaum gehen lassen), musste man sich eine Alternative einfallen lassen : den Todesfluch. Von diesem Fluch gibt es zwei Formen, wobei der zweite wohl eher dem Reich der Legenden zuzuschreiben ist. Bei der ersten Form wird der Verbrecher einfach aus dem Gedächtnis der Gemeinschaft gestrichen und konsequent nicht mehr beachtet, da der Priester ihn für tot erklärt hat. Man bezeichnet diese Personen als Zombies, als lebende Tote, da sie immer noch umherlaufen. Für die zweite Möglichkeit gibt es keine belegten Quellen, doch die Sklavenstämme behaupten steif und fest, dass es sie gibt.
Diese Form wird nur auf Mörder oder ähnliche Verbrecher angewandt und entspricht einem Ritual das dem, (ebenfalls unbelegten) mohischen Schlangenfluch gleicht. Im laufe mehrerer Wochen beginnt der Täter immer mehr einem Zombie zu gleichen. Seine Augen werden immer glasiger, seine Bewegungen langsam und ungelenk, seine Haut blass und kalt, bis er schliesslich eine leblose Hülle darstellt. Dieser Zombie-Körper agiert und arbeitet zwar,ist aber für die meisten Umwelteinflüsse nicht mehr empfänglich ist und kann sich nicht mehr ausdrücken. Dieser Fluch wurde angeblich auch schon auf manchen Aufseher gelegt, der für seine Untaten und seine unmenschliche Grausamkeit an den Sklaven bestraft werden musste.
Da eine Plantagengemeinschaft ihre Priester niemals an Aussenstehende verrät, obwohl diese für Kundige durchaus erkennbar sind, wurde auch noch kein Fluch, der auf Weisse gesprochen wurde, jemals zurückgenommen. Es gibt nur wenige Wundu - Priester, welche die Freiheit erlangten. Diese jedoch leben zumeist in unzugänglichen Gebieten am Rande von Siedlungen, wo sie eine kleine Glaubensgemeinschaft von Sklaven und ehemaligen Unfreien führen.
Ich haben versucht dieses Schriftstück so neutral wie mir irgend möglich zu verfassen. Am Ende möchte ich jedoch einige Zeilen niederlegen, die in meinem Herzen brennen. Sklaverei ist eines der schlimmsten Verbrechen Aventuriens. Man raubt einem intelligenten Wesen (ich wähle beWUSst nicht das Wort" Mensch") alles, was seine Person ausmacht : seine Freiheit, seinen Willen, seine Rechte. Das einzige was man ihm nicht nehmen kann, sind seine Gedanken. Doch selbst bei diesen , wie man diesem Bericht entnehmen kann, gibt man sich grösste Mühe diese zu beeinflussen.
Obwohl man eigentlich glauben müsste, dass Sklaven ihre Herren dafür hassen, ist das nur selten der Fall. Das ist auch der Grund, warum dieses System überhaupt bestehen kann. Wie zuvor beschrieben, kennen die meisten Plantagensklaven kein anderes Leben. Es ist für sie eine unabänderliche Routine, die sie nicht hinterfragen , denn es ist einfach so, war es schon immer und wird es für alle Zeit sein. Wenn man es mit nördlichen Verhältnissen vergleichen möchte : Der entmündigte Bauer hasst seinen ausbeuterischen Baron ebenfalls nicht, bewundert ihn vielleicht sogar ob seiner Macht. er kommt nicht einmal auf den Gedanken sich gegen ihn aufzulehnen.Denn eines entziehen die Herren, seien es nun Sklaventreiber oder Barone ihren Untergebenen ganz bewußt über viele Generationen hinweg : ihre Selbständigkeit. Uns ist es schon des öfteren passiert, das die Alptraumtruppe eine Plantage überfiel um die Sklaven zu befreien und sich anschliessend den Unmut der Befreiten zuzog oder diesen sogar gegenüberstand. Denn wem die Selbständigkeit genommen ist, dem bereitet die süsse Vielfalt der Freiheit natürlich Furcht.
Die meisten Informationen über das Leben der Sklavenstämme und den Wundu Kult habe ich von Coca-Peyote, unserem fhadiff, entnommen. Dieser alte Haudegen ist einer der wenigen Plantagensklaven, der in Freiheit zurechtkommt und sie in vollen Zügen geniesst. Noch dazu ist er einer dieser mysteriösen Wundu-Priester. Doch selbst ich, der ich mich seinen Freund nennen würde, erfasse nur einen Bruchteil seiner Macht und seines Wesens. Zu guter letzt bleibt mir nur noch eines zu sagen, weshalb ich mich an dieser Stelle an den geneigten Leser wenden möchte.
Sklaverei muss bekämpft werden, wo man nur kann. Wehret den Anfängen, rufe ich denjenigen zu, die in ihrem Heimatland eine bedenkliche Entwicklung in Richtung Sklaverei erfahren müssen. Wo wie z.B. im Horasreich mit Sklavenhaltung geliebäugelt wird und der Handel mit Verbrechern eine Grauzone darstellt. Verschliesst die Augen nicht und macht etwas dagegen. Selbst für Mittelreicher gibt es Gründe nachzudenken. Vielleicht kann man von seinem sicheren Heim aus den Kampf wider Sklaverei mit einigen Silberstücken stärken. Ausserdem: Sklaverei ist ein dehnbarer Begriff, denn bedeutet Herrschaft nicht immer auch Unterdrückung?
Friede den Hütten, Krieg den Palästen!
(Ein Brief an die Hesindebibliothek zu Khefu, verfasst von Djonny Rotten, ein jhabo der Anna R. Chie`stischen Gemeinschaft zu Shilaya)