Peri III. Setepen

Mout'nisut der Kemi

Geboren wurde die einst mächtigste Frau im Kemi-Reich im bornischen Neersand. Ihr Vater Mekát Nafari Sethu, dessen Blutlinie bis auf den sagenhaften kem'schen König Monthu zurückgeführt werden kann, war Navigator auf einem Handelsschiff der Familie Pâestumai auf der sogenannten Nordlandroute von Khefu nach Festum. Dort heiratete er kurz nach seinem 20. Geburtstag Peris Mutter Derya Liza, einer aus Khefu gebürtigen Schneiderin, die schon seit einigen Jahren in der dortigen kem'schen Handelskolonie lebte.
Kurz vor Peris Geburt wurde die Familie Opfer von marodierenden Räubern, was ihrem Vater und ihrem zweijährigen Bruder das Leben kostete, während Derya Liza und Peri in letzter Sekunde dem Tod oder der Verschleppung entkommen konnten.
Seit jenem Tag weigerte sich das junge Mädchen, auch nur einen Ton zu sprechen, und so wurde sie im Alter von vier Jahren als Novizin im festumer Borontempel in den Lehren des Rabengottes unterwiesen. Ihren Lehrerinnen und Lehrern blieb die heutige Nisut als zurückhaltend, ja, schüchtern, aber sehr intelligent und lernwillig in Erinnerung. Mit 15 Jahren verließ Peri ihre bornische Wahlheimat und reiste nach Süden ins Kemi-Reich, um dort nach ihren Wurzeln und den Grundlagen des Glaubens an den Rabenherrn zu suchen. Trotz ihrer Stummheit betätigte sie sich in den nächsten Jahren als rastlose und fromme Missionarin sowohl bei den Eingeborenen als auch bei den hiesigen Obergeweihten des Boron und konnte sich so einen gewissen Ruf verschaffen.
Als der damalige kem'sche Hohepriester Charus mit seinem Ränkespiel Erfolg hatte und der mittelreichische Kolonial-Protektor von Halberg von seinem Amte zurücktrat, da kam dem Boroni die gesundheitlich mehr und mehr verfallende Geweihte mit dem tadellosen Ruf gerade recht, um als seine Marionette das höchste Staatsamt auszuüben. Peri erholte sich jedoch wieder von ihrer Krankheit und fand bald Geschmack an der Machtausübung. Mit Hilfe ihres Hofmagus de Cavazo intrigierte sie gegen Charus - mit dem Ergebnis, daß dieser seit vielen Jahren tot ist und Peri über 30 Jahre lang unangefochten die Ländereien von Mehib bis Yleha beherrschte.
Nisut Peri ist von charismatischem Äußeren, woran auch die schlichte Geweihtenkleidung, die sie bevorzugt, nichts ändert. Obschon die Mout'nisut über vierzig Jahre alt ist, halten sich hartnäckig Gerüchte, wonach die ehemalige Herrscherin nicht altert, und obschon dieses Gerücht definitiv falsch ist, so glauben doch nur diejenigen nicht daran, die die Peri des öfteren sehen. War ihr Auftreten vor den schrecklichen Ereignissen des Unabhängigkeitskrieges eher von einer Art strenger Würde geprägt, so gab sie sich nach der Klärung ihrer Herkunft eher locker und aufgeschlossen und gar manch' einem Besucher wurde ihr zauberhaftes Lächeln zuteil.
Zwischen den Jahren 20 und 26 wurde die Nisut häufig von düsteren Stimmungen heimgesucht. In der Öffentlichkeit trat sie nur noch sehr selten auf, und schließlich wurden die Gerüchte, bestätigt, wonach die Nisut bald schon Jahren schon zugunsten ihrer Tochter Ela abdanken würde: ein Entschluß von höchster Brisanz, weigerte sich die Kron-Prinzeß doch, sich dem Herrn zu verschreiben. Daraufhin wurde in Kirchenkreisen wird immer offener diskutiert, ob eine 'Ungläubige' überhaupt den Kemi-Thron besteigen dürfe. Auch wurde erzählt, daß Peri kaum noch in der Lage sei, den Intrigen des Cancellarius und der Eminenz Einhalt zu gebieten, und daß diese faktisch schon die Macht im Reiche ausüben.
Doch mit der sogenannten Thronfolgekrise, in der der Erzverräter da Vancha den Konflikt zwischen Kirche und Kronprinceß zum Bürgerkrieg zuspitzen wollte, änderte sich das Bild schlagartig. Vorher schon hatte sich im Geheimen unter der Führung Hoheit Al'Mout'pekerets und der Familie Mezkarai eine roylistische Gegenbewegung gesammelt, zu der nun auch die Kanzlerfraktion stieß, gelockt durch das Versprechen des Schaffung eines Fürstentums für Dio de Cavazo und die Notwendigkeit, vereint gegen die mächtige Kirche vorzugehen oder unterzugehen. Peri, stark wie nie zuvor, gewann die Auseinandersetzung, ebenete ihrer Tochter den Weg auf den Thron und macht sich nun in ihren letzten Regierungsjahren daran, den Einfluß im Reich neu zu verteilen, wobei sie auch die auf Seiten der Kirche schwelende Unzufriedenheit aus der Welt schaffen konnte, indem sie die Prätendentin ermunterte, ihren Weg zum Raben zu suchen und zu finden. Das Ergebnis ist bekannt: Kronprinzessin Ela absolvierte das Noviziat des Laguana-Ordens, wurde schließlich zur Priesterin geweiht und verfolgt die Stärkung der Boronskirche als das vorrangige Ziel ihrer Regentschaft.

In Liebesdingen ist die Königin sehr zurückhaltend, zumal sie die Ermordung ihres Verlobten durch alanfanische Agenten vor nunmehr über 30 Jahren lange Zeit nicht überwinden konnte. Neben der Hekátet Chanya Al'Mout'pekeret - die seit ihrem siebzehnten Lebensjahr mit der Nisut liiert ist - gelang es einzig der mächtigen Nahema ai Tamerlein, sie diesen tragischen Verlust für einige Zeit vergessen zu lassen, doch munkelt man seit ihrem Rücktritt von Amt und Würden, daß sich ihre Hingezogenheit zu Boromil Mes'kha-rê nicht nur auf dessen weisen, politischen Rat und seine unbedingte Loyalität begründet. Peri liebt ihre Tochter Ela, die mit großem Erfolg in Methumis studierte, fürchtete jedoch insgeheim ihren jüngeren Sproß Rhônda, die bereits in ihrem Noviziat zu Laguana als extrem fundamentalistisch aufgefallen ist. Zurecht, denn nach der Beendigung der Thronfolgekrise und Elas bestätigtem Thornanspruch sagte sich ihre Rhônda von Mutter und Schwester los und erhob sich selbst zur rechtmäßigen Nisut und Hohepriesterin.
Peri ist eine sehr fromme aber liberale Anhängerin der kem´schen Auslegung des Boronkultes und eine erbitterte Feindin der alanfaner Ketzerei - so verachtet sie den alanfanischen Patriarchen Amir Honak als Schwächling, da dieser es nie vermochte, die Ehre des Raben gegen das gierige und wenig göttergefällige Treiben der Granden zu wahren.
Gegenüber anderen Kulten ist sie durchaus tolerant, was - so wird gemunkelt - ihren Aufstieg innerhalb der doch eher fundamentalistisch ausgerichteten Staatskirche verhindert hat. Nisut Peri verfügt über umfangreiches Wissen auf den Gebieten der Geographie, Staatskunst, Philosophie und Musik; so beherrscht sie das Balcettspiel nahezu perfekt. In gefährlichen Situationen greift die Nisut auch selbselbsten zur Waffe, so geschehen in den blutigen Schlachten um die Unabhängigkeit des Kemi-Reiches und, als einfache Ritterin des Hl. Laguan, bei der Befreiung von Ujak von den Buhlen des Dreizehnten.