Phelippa dela Salmôranes

Seret-Hátya Ni Yleha, Akîbet Ni Antien’Marét

Die junge, intelligente Frau entsprang der überaus fruchtbaren Verbildung eines wohlbetuchten Zwischenhändlers und einer der vielen kleinen Ladenbesitzerinnen ('Alana di Charios Menagerie') brabaker Hauptstadt. Sie, die Fünftgeborene, und ihre sieben Schwestern und vier Brüder wuchsen (und wachsen) in den behüteten Verhältnissen einer mittelständischen Familie Südaventuriens auf und hatten keine sonderlich abenteuerliche oder harte Kindheit. Um so verwunderlicher, daß Phelippa dela Salmôranes in den folgenden Jahren mit derart großem Fleiß, derart unglaublicher Kraft und derart unverhofftem Mut ihren Lebensweg verfolgte - von einer kleinen Rechnungsgehilfin zur Lagermeisterin, von der Lagermeisterin zur Kontorleiterin des damaligen Hauptkontors des Handelshauses Da Vancha.
Bereits in jungen Jahren bis an die Spitze eines Kontors gelangt und bereit für mehr, wartete Phelippa auf ihre Chance. Doch eben jener Lichtblick, jener kleine Segen Phexens, blieb ihr damals versagt. 'Geppert' H’Kardeen, skrupelloser Mann hinter den Kulissen des Handelshauses, ermordete den Besitzer Jiratio da Vancha und seine Frau, kollaborierte mit den Al’Anfanern und zog unter dem Deckmantel des Handelshauses ein Netz krimineller Aktivitäten auf, während er treue Seelen wie Phelippa lange Zeit im Unklaren ließ und über 'Freunde' den Erben des Handelshauses - Enrisco Nostravio da Vancha - entführen und beseitigen lassen wollte.
Nur mit Phelippas unerwarteter Hilfe, geboren aus plötzlich in lodernden Flammen entbrannter, seit Jahren schwelender Liebe zu Enrisco, kam der Erbe heim. Nur mit ihrer Hilfe gelang es ihm dem Ruf der Nisut Ni Kemi zu folgen und Yleha zu seinem Lehen zu nehmen. Nur mit ihrer Hilfe war es ihm schließlich möglich Yleha zu neuem Glanz und neuer Macht zu führen. Stets stand sie fest und treu an seiner Seite und war doch immer auch das warnende Wort in seinem Ohr, der weisende Finger vor seinem Angesicht und die helfende Hand an der Seinen. Seit jenen Tagen des Kampfes gegen 'Geppert' H’Kardeen sind sie in Liebe vereint; sie ist seine stolze Gefährtin und er ihr aufrechter Gefährte - wenngleich sie sich ihm stetig verweigert in seinen Wünschen nach einem Traviabunde, obwohl sie jüngstens gar in der fruchtbaren Tradition ihrer Familie die hátya’schen Drillinge gebar: Márachescà, Ishâr’h und Fiorenco, welche einstens erben sollen, was Enrisco und Phelippa sich gemeinsam erschaffen haben und noch erschaffen werden ...


Aus Dank und Liebe, aus Weisheit und Wissen, ernannte der heutige Hátya Ni Yleha Phelippa, seine Gefährtin, zu seiner Vogtin (damals noch Seret-Akîb, heuer bekanntlich Seret-Hátya), zu seiner Ersten Hofrätin und Cancellaria ... und schließlich und endlich neben vielen weiteren Titeln, Ehren und Rängen zur Sahet beziehungsweise heuer Akîbet Ni Antien’Marét. Tiefes Vertrauen bindet der Hátya an diese Machtfülle, die er in ihr vereint hat - tiefes Vertrauen, das Phelippa dela Salmôranes nicht und niemals zu enttäuschen gedenkt.
Wer einmal die beiden verschiedenfarbigen Augen der Akîbet geschaut hat - das Blaue wie das Grüne -, wer einmal ihr Haar von der Farbe herbstlicher Kastanien gesehen, gar diese zarten Gespinste berührt hat; wer einmal nur ihre fahle, helle, lichte und doch lebendige, vor Leben strotzende Haut erblickt, sie vielleicht sogar auf der seinen gespürt hat, der weiß zu berichten, warum so mancher ihr vorwirft sie sei ein Hexenbalg, eine Tochter der flammenden Nacht ... ein Wesen der Magie und der schlangenhaften Schönheit. Immer war sie etwas anders als die Anderen, immer war sie auf anderen Gebieten bewanderter als viele. Ob es die Diplomatie, ob es der betörend meisterliche Tanz, ob es die gekonnte Dressur, ob es die Kenntnis der Menschen war ... oder jene kleine, schwache Magie, die man in vielen entdecken mag, so man nur lange genug danach sucht ...


Gerade was jene 'schwache Magie' angeht, scheiden sich die Geister über die Laufbahn der Akîbet. Die einen fragen sich zurecht, warum ihre Familie nie den magischen Funken ihrer Tochter gefördert haben soll, die anderen fragen sich ebenfalls zurecht, was die junge Phelippa dela Salmôranes alle paar Tage bei jener alten Kräuterfrau und Eigenbrötlerin gesucht hat, die lange neben der 'Halle der Dunklen Geister' wohnte und dann ganz urplötzlich verschwunden ist, ohne Spuren hinterlassen zu haben. Nun denn, die Seret-Hátya hüllt sich in borongefälliges Schweigen, wenn man jenes Kapitel ihres Lebens anzusprechen wagt, doch in den Tiefen ihrer Augen vermag man Geheimnisse erahnen, die wohl niemand jemals wird ergründen können.
Bekanntheit hat die stetig von Lehrmeistern, Räten und Weisen umgebene Akîbet und Seret-Hátya dadurch erlangt, daß sie jüngst verkündete zur Secha-Wahl anzutreten. Ob sie dabei mit ihren zum Teil sicher auf wenig Gegenliebe stoßenden offenen Worten den Sieg davontragen wird, das steht auf einem anderen Blatt. Versuchen wird sie es jedenfalls ...

 

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Wegen der Verbreitung aufrührerischer Reden und Aufrufs zum Widerstand gegen diverse Hochadelige des Káhet wurde Phelippa della Salmoranes im Jahre 25 S.G. ihres Akîbetstitels verlustig erklärt und auf 7 Jahre auf die einsame Insel Aht'nehwi vor der Küste Tárethons verbannt. Mit der Krönung der neuen Nisut Ela XV. durfte sie wieder aus dem Exil heimkehren und lebt nun zurückgezogen in Yleha.