Semiramis Sahil Suni al Sithki

Akîbet Ni Hápet


'Ich wurde am 18. Tag der Tsa in der Zeitrechnung des Neuen Reiches als jüngstes Kind meinem Vater, dem Sultan Sahil al Sithki von seiner Shanja Fatos geboren. Er, der Sultan ist in der Oase Keft, in der Weite der Khom Wüste, nennt noch vier Söhne sein Eigen und seinen Stolz. Es sind dies Süleyman, Serhad, Shafir und Sabu. Ich besuchte die Akademie der GEISTIGEN KRAFT ZU FASAR, da mir Khorim al Gru den rechten Weg der Magie wies und ich mehr wissen wollte von der einzig rechten Art des Arkanen.
' So spricht Semiramis, die Magistra aus der Oase Keft, über sich. Nicht viel sagte sie, denn sie ist sehr verschwiegen über sich und ihren Umgang, ihre Herkunft und ihren Werdegang. So, obliegt es mir, Euch zu berichten von dem Mädchen, das als Liebling des Sultan groß ward und dann von ihm verstoßen. Hört nun die Geschichte von der Magistra mit dem Haar, rot wie der Abendsonne Schein, und den Augen, die glitzern so grün wie das Meer an den südlichen Gestaden.
Zur Mittnacht, da sie geboren unter den Sternen der Khom, leuchtete ein heller Stern am Firmament, Ucuri, den man nennt den Siegerstern. Die eigenwillige Kleine lernte durch ihre Mutter und die anderen Frauen in des Vaters Harem das Tanzen und bezauberte durch Grazie und Leichtigkeit. Sie wurde schnell zum Liebling ihres Vaters und von ihren Brüdern geschützt und wohl behütet. Im Alter von sechs Jahren wurde ihr von einer Wahrsagerin, die mit einer Gauklertruppe in der Oase weilte, eine große Zukunft prophezeit. Von ihren Brüdern wurde sie unterrichtet in der Kunst des Reitens, auf dem Shadif wie auch auf dem Quemuyan, und auch des Werfens von Dolchen ist sie mächtig. Ein Moha-Sklave, den das Schicksal verschlug in die Keft, und der sich verdingte als Diener beim Sultan, lehrte sie die Kunst des Hruruzat.
Die arkanen Fähigkeiten zeigten sich erstmals, als Semiramis im elften Jahre stand. Eine wertvolle Vase, die von ihrem Vater wohlgehütet wurde, wie sein Augapfel, zerbarst bei einer wilden Verfolgungsjagd zwischen ihr und ihrem Bruder Sabu. Semiramis war gegen das Podest gerannt, auf dem die Vase stand und so fiel sie zu Boden, zerbarst in viele Splitter. Wohl wissend, daß der Vater sehr böse würde, erführe er es, starrte sie die Scherben an und stellte sich im Geiste vor, die Vase würde wieder eins. Und siehe da, die Scherben fügten sich eine zur anderen bis auf eine, die in die Falten eines Vorhangs gehüpft war. Semiramis war sehr erstaunt ob des Vorgangs und auch Sabu, der alles mit angesehen hatte.


Später, als der Vater dieVase sah und das kleine Loch, da wo der Splitter fehlte, stellte er die Kinder zur Rede und Sabu berichtete von der 'Hexerei' seiner Schwester. Just zur gleichen Zeit fand sich in der Oase ein Mann, den Sahil al Sithki schon lange kannte und der des Zauberns mächtig war. Korim al Gru, so sein Name, war Gast im Zelt des Sultans und dieser erzählte ihm von den Dingen, die seine Tochter getan. Der weitgereiste und belesene Magus nahm sich das Mädchen beiseite und sah ihr tief in die Augen, erkannte, daß sie der arkanen Kräfte mächtig sei und lächelte. Semiramis war, als würde der Alte ihr ins Innerste sehen. Korim nahm sich des Mädchens an und erzählte ihr von der Kraft, die die Mittelreicher als von Hesinde gegeben sehen. Er sprach von fremden Ländern und Menschen, von seinen Reisen, der Kraft und Macht der Magie und von anderen seltenen Dingen, die die Neugier der Kleinen weckte. Wohlweislich aber verschwieg er ihr die rechte Seite der Magie, der er angehörte, und bat den Vater - sein Einverständnis einholend - dem Mädchen Unterricht zu geben, zu zügeln die ungebremste arkane Energie, so daß niemand Schaden davontrüge.
Drei Tage nach ihrem zwölften Lebensfest verlies Semiramis die Oase Keft und wanderte mit dem Magus nach Fasar, wo dieser zusammen mit seinem Diener eine kleine Hütte außerhalb der Stadtgrenze bewohnte. Fast ein halbes Jahr unterrichtete der Magier das Mädchen, lehrte sie die Kunst und Wissen aber auch daß sie sich zu hüten habe vor den Magiern und Adepten der BANNAKADEMIE, die bestrebt waren, alles Rechte auszulöschen, so es ihnen in die Finger kam. Am vierten Tage des Jahres 11, nach Hal´scher Rechnung wurde Korim al Gru das Opfer eines heimtückischen Anschlages von Angehörigen der Bannakademia. Doch hatten sie sich nicht genügend von ihrem Tun überzeugt, und so konnte sich der Todwunde noch bis in seine Hütte schleppen. Noch auf dem Totenbett vertraute er Semiramis seinem treuen Diener Yussuf an ,mit dem Auftrage, sie in die Akademia der Geistigen Kraft zu bringen, wo auch er einst gelernt hatte, auf daß sie eine würdige Ausbildung erhalten solle.
Schweren Herzens nahm Semiramis Abschied von dem alten Mann, der ihr ans Herz gewachsen war in dem halben Jahr, wie ihr eigener Vater, und vergrub ihn mit Yussufs Hilfe. Sodann begaben sie sich in die Akademia. Nach vier Jahren intensiver Studien wurde Semiramis der Rang der Magistra verliehen. Sie verließ Fasar und reiste zunächst zurück zur Oase Keft. Sich ihrem Vater als Magistra des Rechten Weges zu erkennen zu geben, beschwor sie dessen Zorn herauf. Er verstieß sie und schwor, er hätte nie eine Tochter gehabt. Tief betrübt darob, zog Semiramis zunächst allein durch Mhanadistan und die südlichen Emirate. Später schloß sie sich einer Abenteurergruppe an, mit der sie heute noch zusammen ist. Ab und zu kehrte sie zurück nach Fasar und besuchte die letzte Ruhestätte ihres alten Mentors und die Lehrer an der Akademia.


Bei einer Reise durch die Gorische Wüßte bekam sie auch die Gelegenheit, den Meister der Illusionen, den Großen Hazrabal, kennenzulernen und hat ihm nicht nur durch ihre rahjagefällige Gestalt sondern auch durch ihren Tanz verrzaubert. Sie hoffte immer noch, daß ihr Vater sich eines Tages mit ihr versöhnen und sie wieder als seine Tochter anerkennen würde. Was sie nicht weiß, ist, daß ihre vier Brüder stets Kenntnis davon haben, wo sie sich aufhält, immer bereit, ihr in einer ausweglosen Situation helfend im Hintergrund zur Seite zu stehen.
Bald verschlug es Semiramis ins Kemi-Reich, und dort schaffte sie den Aufstieg bis zur Akîbet der entlegenen Exklave Hápet. In den Anfängen ihrer Amtszeit lernte sie, während sie zu Besuch bei der Freundin Imaë in Sarslund weilte, Garm Bel-Iblis kennen. Dieser fühlte sich an eine Prophezeiung erinnert und war sich sicher, daß Semiramis Inhalt dieser Weissagung ist. So bedrängte er Akîbet Imaë solange, bis diese ihm eine Bestallungsurkunde ausstellte und nach Hápet zu Semiramis entsandte. Semiramis war zunächst ob des Affronts empört, doch nachdem sie das Inrah befragt hatte, nahm sie die gutgemeinte Hilfe an. Und fürwahr, die Prophezeiung schien sich zu erfüllen, denn die beiden verliebten sich ineinander, was Semiramis jedoch nicht daran hinderte, mit dem Magus Zorlan den Bund der Travia zu schließen. Dieser nannte sich fortan Zorlan al Sithki, und fügte sich in sein Schicksal, daß Semiramis zwei Männer liebt. am 29. Tag der schönen Göttin im Jahre 23 Hal schenkte Semiramis einem Zwillingspaar das Leben. Vater ist Garm Bel-Iblis, der einige Reisen in die Wüste unternahm, um Sahil al Sithki mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln endlich umzustimmen. Es wurde ein harter Kampf, doch der Scheich gab schließlich nach. Kurze Zeit später holte Garm Semiramis in die Wüste zu den Eltern, wo er sie auch nach tulamidischem Brauch zur Frau nimmt. So ist Semiramis wohl die einzige Tulamidin, die das Recht der Männer auf mehrere Frauen für sich umgekehrt hat. In Kemi zählt wohl der Hátya Ni Mer'imen, Jassafer Al Mansour, zu ihren allerengsten Freunden: So wurden ihre Tochter Liana Halime und Jassafers jüngster Sohn Selim einander versprochen, und von Semiramis in die Wüste gebracht, wo sie gemeinsam aufwachsen und von Jassafers Verwandten erzogen werden sollen.

 

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Semiramis Sahil Suni al Sithki gilt seit dem Praiosmond des Jahres 29 als verschollen. Ihr Schiff, daß sie zum Kleinen Konvent nach Khefu bringen sollte, kam dort niemals an.