Shesib Mehyem'ká

Imát Ni Memento Mori

Shesib wurde im Jahre 2 S. G. in Nabire geboren, zu einer Zeit, in der die aufständischen Corvikaner wider den Hohepriester Charus stritten, auf dessen Seite sich ihre Familie gestellt hatte. Es war eine schwere Zeit und daher ist es nicht verwunderlich, dass sich ihre Eltern und Anverwandten sehr über ihre Geburt freuten und dem Götterfürsten dankten, ein Hoffnungsschimmer am dunklen Horizont. So wie es die Tradition ihrer Familie erfordert, trat Shesib noch im Kindesalter von zwölf Jahren in das Noviziat des Ordens der Wächterinnen und Wächter des Kultes des Heiligen Raben zur Insel Laguana ein.


Schon in ihren jungen Jahren erkannte man, dass sie vielversprechende Ansätze zu einer würdigen und geachteten Dienerin des Heiligen Raben zeigte, doch hat sie all ihre Möglichkeiten noch längst nicht ausgeschöpft, da sie stets dem Gedanken nachhing, die Welt hinter den Klostermauern zu erkunden. Kaum das sie das Noviziat beendet hatte und zur Priesterin geweiht wurde, bat sie darum, das Reich und die umliegenden Landen bereisen zu dürfen, um dort die Worte des Heiligen Raben zu predigen, Land und Leuten zu begegnen und von ihren Nöten und Ängsten zu hören, zu lernen, bevor sie in einem Gotteshaus dienen und einer eigenen Glaubensgemeinschaft vorstehen würde. Man entsprach ihrer Bitte und so wanderte Shesib für geraume Zeit im Reiche umher und Ihre Wege führten sie dabei quer durch die kem'schen Landen, wie auch hinüber ins Königreich Brabak und die sylla'schen Gebiete.
Ein glückliches Schicksal führte sie schließlich in der Provinz Táyarret mit Ihrer Eminenz Boronya von Nedjhit zusammen und änderte ihren bisherigen Lebenslauf. Glaubt man den Geschichten, die über dieses Treffen erzählt werden, so hat Shesib damals eine Gruppe zornig streitender Kinder mit einfachen Worten beruhigt und ihnen sodann von den Taten des Heiligen Laguans erzählt. Zum Kreis der Shesib lauschenden Kinder trat schon bald unerkannt Ihre Eminenz und lauschte ebenfalls den Geschichten. Von diesem Tag an reiste Shesib schließlich nicht nur, um die Worte des Heiligen Raben zu predigen, sondern auch im Auftrage Ihrer Eminenz zu den unzähligen Missionsstationen und Komtureien des Ordens, um Botschaften zu überbringen oder einfach nur, um dort nach Recht und Ordnung zu sehen.


Mit dem Ende der Erstürmung Ujaks, das endlich von der namenlose Brut befreit wurde, brach auch für Shesib ein neuer Lebensabschnitt an. Während der Kämpfe wurde sie durch niederhöllisches Wirken schwer verletzt und verlor ihr Augenlicht fast vollständig. Tagelang rang sie mit dem Leben und weitere Götternamen der Genesung heilten Körper und Seele, brachten ihr Augenlicht aber nicht gänzlich zurück. Für Shesib war es so unmöglich, weiterhin die alten Aufgaben Ihrer Eminenz zu erfüllen, die ihre getreue Dienerin allerdings nicht vergaß und sie für ihre Treue mit dem Amt der Ordenskomturin von Brabaccio belohnte.

 

Shesib ist eine junge, gutaussehende Frau, die auf ihren Reisen unbeabsichtigt so manchen Mann den Kopf verdrehte. Sie hat feingeschnittene Gesichtszüge, eine helle, reine Haut, dunkle Augen, über denen seit ihrer Verletzung in Ujak allerdings ein leichter Schleier liegt, und volle, rote Lippen, deren Lächeln ihre Gesprächspartner schnell für sich einnimmt. Die Komturin trägt ihre dunklen Haare schulterlang und besitzt eine schlanke, anmutige Gestalt, wohl etwas über 1,70 Schritt groß und erhaben.
Das lange Noviziat in Laguana hat Shesib zu einer besonnenen und bedacht handelnden Frau gemacht, die ihre Aufgaben und Dienste würdevoll, ja fast schon feierlich versieht. Ihre Eltern und Anverwandten wissen zu berichten, das sie schon als Kind diese innere Ruhe und Ausgeglichenheit ausgestrahlt haben soll, so wie sie noch heute die ruhige Diskussion dem hitzigen Streitgespräch vorzieht, ganz offensichtlich ringt sie lieber mit Worten, denn mit dem Schwerte, was nicht bedeuten mag, dass sie deren Umgang nicht auch beherrschen würde. Was ihre Person angeht, so ist sie bis zu einem gewissen persönlich Grad durchaus offen und vertraulich, dabei zumeist freundlich und wohlwollend, nur selten einmal erhebt sie ihre Stimme im Zorn, dann aber entschieden und mit durchgreifender Bestimmtheit.
Die Jahre der Wanderschaft und Reisen für die Eminenz über hat sich Shesib wenige Gedanken zu ihrer Zukunft gemacht, war sie doch glücklich und zufrieden mit der Aufgabe, die sie erfüllte. Erstmals mit der schweren Verletzung in Ujak machte sie sich Gedanken dazu, war ihr doch schon bald klar, dass sich der über ihrem Augenlicht liegende Schleier nicht lösen und sie nicht länger durch das Káhet ziehen würde. Lange war sie der Verzweiflung nahe, bis sie schließlich erkannte, dass es sich bei dieser immerwährenden Dämmerung um ihre Prüfung handeln müsse und sich nun zeigen würde, ob sie eine würdige Dienerin des Heiligen Raben sei oder nicht.