Rhondrian von Bodrin

Akîb Ni Marlan

Am 21. des Mondes der Rondra im Jahre 3 v. S.G. wurde Rhondrian als dritter Sohn des Barons von Schetzeneck, Helkor von Bodrin, geboren. Fünf Jahre Später wurde seine Familie jedoch aufgrund besonderer Verdienste am Fürstentum Kosch von Fürst Blasius von Eberstamm in den Grafenstand erhoben, womit eine alte Familienfehde mit dem Baron von und zu Perainager zu Gunsten seiner Familie (zumindest vorerst) entschieden wurde. In diese Zeit fallen auch die ersten Ambitionen zur Ergreifung des Kriegerhandwerkes, als er von einem alten Freund der Familie mit den Grundbegriffen des Kriegercodex bekannt gemacht wurde. Als einschneidendes Erlebnis in Rhondrians Jugend kann man das Zusammentreffen mit Raidri Conchobair, Markgraf von Wînhall, bezeichnen, den er seit dieser Zeit als großes Vorbild verehrt. So war es denn auch nicht verwunderlich, daß er im zarten Alter von 13 Jahren als Knappe an den Hof des Fürsten von Eberstamm gegeben wurde, wo er im Alter von 20 Jahren den Ritterschlag empfing. Kaum daß dies geschehen war, entgegen allen Erwartungen seiner Familie, zog er es jedoch vor, in die große, weite Welt Aventuriens hinauszuziehen, da er sich doch durch die Tatsache, der dritte Sohn eines unbedeutenden Grafen zu sein, vor die Wahl gestellt sah, sich zwischen einem unbedeutendem und grauem Dasein ale Höfling zu bescheiden, oder aber durch sein eigenes Geschick Ruhm und Ehre zu erlangen.
So zog er denn, auf der Suche nach Abenteuern, in das Liebliche Feld, um dort die Walstatt der Thalionmel, die heiligen Furten des Chabab, zu besuchen, um das Gelübde zu erfüllen, das er vor Jahren in einem Rondratempel abgelegt hatte, als die Göttin ihm im Kampfe mit seinem Konkurrenten Bal von Perainanger beigestanden hatte. Seine Reise führte ihn, nur begleitet von seinem treuen Schwert, zunächst nach Havena, wo er eine Schiffspassage zu nehmen gedachte, nachdem das alte Roß elendig in den Sümpfen zugrunde gegangen war.
Hier traf er auf einen ansässigen Händler und Hotelbesitzer Havenas und befreite ihn aus einer mißlichen Lage, randalierten doch einige Anhänger der "Havena Bullen" in Seinem Lokale, da die Mannschaftsquartiere der gegnerischen Mannschaft sich hier befanden. Nachdem einer der ihren einen Becher unedlen Gebräus über Rhondrian verschüttet hatte, sah dieser sich gezwungen, die ungebetenen Gäste vor die Türe zu befördern, um in Ruhe Speisen zu können. So kam es denn, daß er, ohne auch nur einen Heller zu zahlen, für die Zeit seines Aufenthaltes zu einem guten Quartier kam. Auch hatte er so Gelegenheit, neue Kontakte im Bekanntenkreis seines neuen Freundes zu knüpfen.

 

Schließlich jedoch schiffte er sich nach Neetha ein, wobei er seine - für eine Landratte - erstaunliche Seefestigkeit feststellen konnte. Nachdem er unbeschadet wieder festen Boden betreten hatte, begab er sich also denn zur Thalionmelfurt, dem Ziel seiner wie auch Hunderter anderer Walfahrer Reise.
Ein Auftrag schließlich führte ihn Wochen später ins verderbte Mengbilla, just zu dem Zeitpunkt, als der Emir Seite an Seite mit der Pestbeule des Südens wider der heldenhaften Streiter des Kalifates stritt. So mag es kaum verwundern, daß er angesichts der unsäglichen Verbrechen, derer er dort ansichtig geworden war, sich alsbald (nach Erledigung seiner Mission) in das Land der Novadi begab, selbigen in ihrem Kampfe zur Seite zu stehen. Bei dieser Gelegenheit geschah es auch, daß er einigen Kemi begegnete, die nach der Besetzung ihrer Heimat hier ihren Kampf wider die Schwarzen Legionen Al'Anfas weiterführten.
Während seiner Kämpfe erlitt er so manche Wunde. Doch als ihm bei Unau um ein Haar ein Söldner des Korbanners durch Hinterlist beinahe den Kopf vom Rumpfe trennte, war er selbst für Monde ans Bett gefesselt, und überlebte wohl auch nur Dank der aufopferungsvollen Hilfe einer jungen Novadi. Selbige begleitete er denn auch bald darauf, aus Dankbarkeit ins ferne Khunchom, wo er die Verehrte allen Nachstellungen der Af'Anfaner sicher glaubte. In den festen Mauern der Stadt angelangt, verabschiedete er sich dann unter Tränen von der jungen Frau, seiner Retterin, mit dem Versprechen, eines Tages zurückzukehren.
Er setzte sodenn nach Maraskan über, in der Hoffnung, dort vielleicht seines jüngeren Bruders ansichtig zu werden, der, wie er gerüchteweise vernommen hatte, bei einem kaiserlichen Regiment auf der Insel seinen Dienst versah. Jedoch - er sah sich enttäuscht. Von dem jüngsten seiner Familie weit und breit keine Spur. Dafür jedoch von einem geheimnisvollen Schatz, der in den finstren Dschungeln der Insel Altoum versteckt sein sollte, und dessen Aufenthaltsort man, so war zu hören, einer uralten Schatzkarte entnehmen können sollte... die er (dank eines Zufalls) in Händen hielt.


Was hielt ihn denn noch? Noch am gleichen Tag nahm er Quartier auf einer Schivone, die ihn schnell und sicher nach Altoum brachte. Noch erstaunlicher als dies war jedoch die Tatsache, daß er tatsächlich den Schatz fand - zwar erst nach vielen Monden der Suche, aber was für ein Triumph!
Während dieser Zeit lernte er viel über das Leben in den tropischen Wäldern, über das Land, seine Leute und Sprachen. Mit seinen neuen Reichtümern in Händen suchte er ein Schiff, das ihn sicher nach Khunchom zurückbringen sollte. Aber außer einer alten Thalukke waren leider keine Schiffe erreichbar. So mußte er denn auch dem schlitzohrigen Händler ein kleines Vermögen für die Überfahrt bezahlen. Doch war die Habsucht dieser Seeleute damit noch nicht gestillt, versuchten sie doch, ihn in der darauffolgenden Nacht in Schlafe zu überwältigen, was ihnen dank zahlenmäßiger Überlegenheit leider auch gelang.
Er wurde daraufhin in einem Beiboot ausgesetzt, und um ihn noch mehr zu verhöhnen, gab man ihm die wasserdichte, eisenbeschlagene Truhe, ihrer Schätze beraubt, mit leichtverderblichem Proviant und einem löchrigen Wasserschlauch mit... noch nie hatte er Menschen so verachtet wie diese!
Am nächsten Tag herrschte Stille. Nicht ein kleines Lüftchen bewegte das Segel, das er aus seinen Kleidungsstücken, einem Ruder und einem Tau, welches unter einer Bank verstaut war, notdürftig hergestellt hatte. Die Sonne brannte sechs unbarmherzige Tage, der Proviant war verbraucht und der Wasserschlauch leer. Schon seit Tagen fühlte er sich Boron näher als je zuvor, seine Kräfte ließen nach, sein Bewußtsein schwand, nur noch verschwommen sah er seine Welt, das Wasser um ihn herum...


Aber was war das? Dort war Land! Direkt vor ihm ein Fluß, und er trieb nahe der Küste! Kopfüber stürzte er in die See, um das zwar brackige, aber doch gar köstliche Wasser seiner Kehle zuzuführen. Neuer Lebensmut floß durch seine Adern. Er füllte seinen Magen mit Früchten, die er zwar nicht kannte, die aber doch sehr wohlschmeckend waren. Was für ein Land! Peraine sei Dank für solche Wälder! Am nächsten Tag machte er sich auf den Weg, den Fluß hinaufzurudern; endlose, ungezählte Meilen ruderte er stromaufwärts, und seine Mühen wurden belohnt. Drei Tage nach Seiner Strandung fand er Menschen. Welch ein Anblick! Man erklärte ihm den Weg nach H'Raabal, dort angekommen, empfahl man ihm, bei Khefu möge er dann wohl ein Schiff in die Heimat finden, mit dessen Hilfe er am schnellsten wieder nach Hause kommen könnte...
Nach Hause. Nichts wünschte er sich sehnlicher als einen Fleck der Ruhe und Erholung nach den Strapazen der letzten Zeit... So zog er denn 'gen Süden, die Stadt Khefu als Ziel vor Augen. Tag um Tag schlug er sich durch finstre Wälder und das düstre Dickicht des tiefen Dechungels. Waren ihm zu Anfang die Dschungelpfade nach Süden noch als einigermaßen begehbar erschienen, so waren sie bald darauf nichts mehr denn schlammige Löcher, kaum bessere Wildwechsel. Man mag sich seine Erleichterung ausmalen, als er schließlich, von unzähligen Moskitos zerstochen, von einem Jaguar greulich zerrissen, doch allen Gefahren zum Trotze aufrecht und stolz, endlich wieder auf Menschen, oder genauer auf einen Reisenden traf. Es war dies der Akîb ni Rekáchet, Cyperijan ya Bethasda, der den Weitgereisten am Wegesrand antraf und freudig eine Mahlzeit mit ihm teilte. Wie es halt so ist, ein Wort gab sich das andere, und alsbald war man in ein Gespräch vertieft, tauschte seine Erfahrungen mit dem kämpferischen Leben in diesem Lande aus und entdeckte so manche Gemeinsamkeit.


Schließlich jedoch fragte Ihro Hochgeboren nach den weiteren Zielen Rhondrians und wirkte bestürzt, als dieser den Wunsch äußerte, in das Mittelreich zurückzukehren. Cyperijan hielt nicht damit zurück, daß er geglaubt hätte, daß Rhondrian das Kemi-Reich und den Süden lieben gelernt hätte - was der Ritter freudig bestätigte. Allerdings, so gab er zu, sähe er keine Perspektiven für sich in diesem Land. Einer Meinung, der der Akîb heftig widersprach. Vielmehr glaubte dieser, daß gerade für eine gute Klinge und göttergefällige Gesinnung in diesem von zahlreichen Feinden bedrängten Land immer einen Platz gäbe. Ja, er wollte nicht au5echließen, daß die Nisut ein solch verdienten Streiter nicht gar zu einem Adeligen ihres Reiches machen würde. Bei diesen Worten horchte Rhondrian auf! Sollte dies wahr sein, so würde er doch nur zu gerne sein weiteres Leben hier verbringen in diesem Land, das seinen Idealen vom Kampfe doch so sehr entsprach, ja, dessen tiefe, lebensgefährliche Wälder er auf eine ganz eigene Art zu lieben begonnen hatte.
So kam es also, daß er, kaum in Khefu angelangt, am Hofe vorstellig wurde, um die Nisut um ein Lehen zu ersuchen.

 

***
 

Rhondrian von Bodrin wurde zum Baron von Marlan ernannt und begann auf der lebensfeindlichen Insel eine vielversprechende Karriere. Leider erkankte der Mittelreicher kaum ein Jahr später, im Praiosmond 24 S.G., an Dschungelfieber und starb.